Am 24. Juni haben 52 Prozent der Wähler (Insgesamt Wahlbeteiligung von 72,2 Prozent) in Großbritannien beim Referendum ihre Stimme für den Austritt aus der EU gegeben. Das Referendum hat keinen offiziellen Charakter. Aber man geht davon aus, dass das Parlament von dieser politischen Entscheidung nicht abrücken wird. Obwohl man ein neues Referendum fordert, sind die offiziellen Erklärungen sind deutlich und der Aufruf der EU, den Austritt Großbritanniens in kürzester Zeit zu Ende zu bringen und die Erklärung, diese Angelegenheit nicht verschleppen zu lassen, liefern genug Beweise, dass es keine Rückkehr mehr gibt.
Durch den Austritt Großbritanniens ist die EU in den größten und tiefsten politischen, ökonomischen und militärisch umfangreichsten Krisenprozess eingetreten. Der Austritt dieses Landes, das die drittstärkste Säule der EU nach Deutschland und Frankreich ist, wird uns zeigen, welche zerrüttenden Folgen dieser Austritt für diese imperialistische ökonomische Integration haben wird. Die Zerrüttung durch diesen Austritt wird sich nicht nur auf die EU beschränken; er beinhaltet Elemente, die für andere Entwicklungen die Ursache bilden werden.
Großbritannien, das “trojanische Pferd” der USA in der EU, hatte beim ersten Beitrittsgesuch 1963 von Frankreich ein Veto bekommen und erst beim zweiten Versuch 1973 der Integration beitreten können. Im Bezug auf den Austritt Großbritanniens, dass in der EU immer mit der Strukturierung der EU in Widerspruch stand, wegen seiner Insellage, seiner unterschiedlichen, an seine “nationalen” Interessen denkenden Positionen (Außerhalb des Euro bleiben, nicht Beteiligung an der Migrationspolitik der EU), kann man, wenn wir die Theorien von Verschwörungstheoretiker beiseite stellen, in dieser Entwicklung des Prozesses folgendes sagen:
Die Polarisierung der britischen Gesellschaft hat Dimensionen angenommen, die nicht zu unterschätzen sind. Die reaktionären, nationalistischen, gegenüber den Fremden feindlich stehenden Kräfte haben diese Polarisierung beim Referendum ausgenutzt. Aber es wäre falsch und oberflächlich, den Austritt aus der EU damit zu erklären. Ferner ist die Unzufriedenheit der Massen der Arbeiterklasse und Werktätigen sowohl mit der britischen Regierung, als auch mit der Politik der EU sehr verbreitet. Als eine Folge der Internationalisierung des Kapitals und der Produktion wurden Arbeitsplätze vernichtet, wobei zehntausende Arbeiter arbeitslos wurden (z.B. in der Minen-, Stahl- und Autoindustrie); dies spielte auch eine Rolle bei dem Referendum für den Austritt au der EU. Die Austrittskampagne wurde eigentlich von der britischen Bourgeoisie, die nicht im Rahmen der internationalen Monopole zu betrachten ist geführt; diese Bourgeoisie, die nicht monopolistisch ist oder monopolistisch, aber kein internationale Akteur ist, wurde Lenkerin dieser Kampagne mit der Hoffnung durch die Nationalisierung der Ökonomie oder durch die Lockerung der internationalen Regulierungen ihre Konkurrenzchance gegen die internationalen Monopole zu steigern.
Momentan gibt es noch keine sichtbaren Indizien; aber es kann sein, dass dabei die Konkurrenz zwischen den USA und der EU und durch das gemeinsame Vorgehen der USA mit Großbritannien gegen den deutschen Imperialismus eine Rolle spielt. Eine EU ohne Großbritannien, wird eine EU sein, die in jeder Hinsicht von ihrer Bedeutung viel verloren hat. (Großbritannien ist in der EU die zweitstärkste Ökonomie nach Deutschland. Es hat die stärkste Armee der EU. Es ist eine der wichtigsten internationalen Finanzzentren der Welt (London) und in der EU die mächtigste). Man soll daran denken, dass dieser Austritt Folgen für die Schwächung der EU, für die Schwächung ihrer Konkurrenzfähigkeit haben kann. Dieser Austritt kann auf die anderen Mitglieder der EU einen Dominoeffekt haben; denn schon erhoben sich Austrittsstimmen aus anderen Ländern (Frankreich, Holland, Italien). Dieser Austritt hat in Schottland, das eines von Ländern ist, welche das Königreich Großbritannien bilden, die Unabhängigkeitsbewegung erneut belebt. Der Fortgang dieses Prozesses bedeutet die Auflösung Großbritanniens in Nationalstaaten (Trennung von Nord Irland und Schottland vom Königreich). Dieser Austritt zeigt gleichzeitig auch, in welch tiefer Krise “die westliche Wertegemeinschaft” sich befindet. Der Austritt Großbritanniens aus der EU bewirkte, dass sechs Gründungsmitglieder Hals über Kopf zusammentraten und gemeinsam die Meinung äußerten, zum eigentlichen Gründungszweck zurückzukehren. Dabei ist es interessant, dass Deutschland davon sprach “die europäische Militärunion” zu fördern. Die Scheidung Großbritanniens von der EU wird auch geopolitische Folgen haben; Interessengebiete werden neu bestimmt; die Allianz zwischen den USA und Großbritannien gegen die EU und innerhalb der EU wird vertieft und umfassend. Die NATO wird mehr im Rahmen der Partnerschaft zwischen den USA und Großbritannien sowohl im EU-Raum und auch in anderen Gebieten noch aktiver tätig sein. Schließlich trägt dieser Austritt die Faktoren in sich, die die Widersprüche zwischen der EU und den USA/Großbritannien verschärfen.
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