Roter Morgen / Ausgabe 16 / Summer 2018 Notiz: Die wissenschaftlichen Daten, die in diesem Artikel gebraucht werden, entsprechen dem Stand Ende 2017, als dieser Artikel geschrieben worden ist. Seit dem ist die Situation nur noch schlimmer geworden. Szenen des "Tages der Apokalypse", die sich vor einigen Jahrzehnten noch lediglich in Science-Fiction Filmen abgespielt haben, sind heute die Themen von Umwelt-Dokumentarfilmen und wissenschaftlichen Recherchen. Es ist glasklar, dass die Ausbreitung einer Umweltkrise über die gesamte Erde, welche die Lebensgrundlage immer größerer Massen von Menschen bedroht, zur bitteren Realität geworden ist. Tsunamis, Erdbeben, Klimawandel, Ozonlöcher, Nahrungsmittelskandale1, Artensterben, Luftverschmutzung, Vergiftung der Ozeane, Knappheit an trinkbarem Wasser, Müllhalden und Nuklearkatastrophen wie in Fukushima; Millionen von Toten auf Grund von Umweltverschmutzung sind zu einem alltäglichen Bestandteil der kapitalistischen Realität geworden. Wissenschaftler*innen erklären, dass heutzutage 90 Prozent der Krebsfälle aus Folgen des Umweltzustandes heraus resultieren. Während diese Entwicklung natürlich stetig weiter läuft, zerstören die internationalen Monopole weiterhin die absolut fundamentalen Grundlagen unserer Leben und plündern unseren Planeten aus. Die brutale Gier des imperialistischen Kapitalismus nach mehr Profit überrascht natürlich keine*n, aber es gibt dabei ein kleines Problem: Das Kapital sägt an dem Ast, auf dem es selbst sitzt!
Der globale Charakter der Umweltkrise Selbst vor 150 Jahren haben Marx und Engels die zerstörerischen Folgen für die Umwelt der kapitalistischen Produktionsweise herausgestellt. Der Eingriff in die Natur durch industrielle Produktion in großem Maßstab hat auf Grund von Faktoren wie dem enormen Wachstum der Eisen- und Stahlproduktion, der Kohleförderung und der Verstädterung ein neues Stadium erreicht. Die ersten Umweltbewegungen der 1950ger entstanden als Reaktion auf die immer deutlicher werdende Umweltzerstörung. Die Probleme in der natürlichen Umwelt waren zu dieser Zeit noch eher lokaler Natur: Ein vergifteter Fluss hier, eine Smogwolke, die sich über eine Metropole legt, dort. Aber heute hat die Umweltkrise ein internationales Niveau erreicht. So wie bei der Klimakatastrophe handelt es sich nicht bloß um Auswirkungen auf eine Region sondern um Auswirkungen auf die Natur als Gesamtheit. Das gesamte Leben auf der Erde spielt sich bis 60 km über und 5 km unter der Erdoberfläch innerhalb der Biosphäre2 ab, die in drei Ebenen unterteilt werden kann: Erde und Gestein (Lithosphäre), Wasser (Hydrosphäre) und Gase (Atmosphäre). Hier hat vor 3,5 Milliarden Jahren als, wie Engels es ausdrückt, "die Daseinsweise der Eiweißkörper" begonnen, die "wesentlich in der beständigen Selbsterneuerung der chemischen Bestandteile dieser Körper" besteht.3 Heute wird das gesamte System der Biosphäre von dramatischen Veränderungen erfasst, die zum Untergang des Menschen führen werden, wenn sie nicht gestoppt werden. Schauen wir uns einige der Beispiele an, die das Ausmaß der Zerstörung der Natur veranschaulichen: Seit dem Beginn der Temperaturaufzeichnungen des Wetters lagen sämtliche 10 heißesten Jahre innerhalb der letzten 20 Jahre. 2016 wurde als das heißeste Jahr aller Zeiten registriert. Der Meeresspiegel ist in den letzten hundert Jahren um 17 cm angestiegen. Die Durchschnittstemperatur der Erde ist seit 1880, dem Jahr der ersten Temperaturmessung, um 0,89 °C angestiegen, in Folge von Treibhausgas-Emissionen wie Karbondioxid (CO2) hauptsächlich hervorgerufen durch das Verbrennen von fossilen Brennstoffen insbesondere Kohle und Öl, Methan (CH4)), Lachgas (N2O) und PFC, das hergestellt wird, um das letztendlich verbotene FCKW zu ersetzen. Im Jahr 2013 hat der CO2-Gehalt der Atmosphäre zum ersten mal in 25 Millionen Jahren den Wert von 0,04 % überstiegen. Auch wenn Klimaveränderungen im Laufe der 4,5 Billionen Jahre der Evolution der Erde viele Male aufgetreten sind, hat jede Einzelne von diesen sich über zehntausende Jahre erstreckt und keine Einzige von diesen war derart plötzlich und derart sprunghaft. Die Klimaerwärmung verursacht Starkregen, Überschwemmungen und Hungersnöte, Extremtemperaturen und plötzliche Kälteeinbrüche. Wenn der Anstieg des Meeresspiegels sich in gleicher Weise fortsetzt, werden Länder wie Bangladesch, Städte wie New York und Schanghai überflutet. Einerseits treten auf Grund der Gletscherschmelze Überflutungen häufiger auf, andererseits werden dabei erneut Treibhausgase, die unter diesen Gletschern liegen, freigesetzt und verursachen zusätzliche Erwärmung. Ebenfalls mit der Gletscherschmelze werden weniger Sonnenstrahlen in das All zurück reflektiert was die Klimaerwärmung noch mehr verstärkt. Durch diese Erwärmung verändern sich die globalen Luftströme, werden einige Regionen in Kälte gehalten, während sich direkt neben diesen Regionen subtropische warme und feuchte Luftströme Richtung Norden bewegen. Die Hälfte des Regenwaldes, welcher einst Gebiete in 70 Ländern bedeckt hat, ist zwischen 1900 und 1980 verschwunden. Mit der Abholzung von Wäldern, die CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen und mit der Photosynthese in Kohlenhydrat und Sauerstoff umwandeln und somit den CO2-Gehalt der Atmosphäre reduzieren, wird ein weiterer Mechanismus zur Erhaltung des Gleichgewichts der Natur zerstört. Die Ozonschicht blockiert 95 Prozent der ultravioletten Sonneneinstrahlung und reflektiert diese zurück ins All. Wenn die Ozonschicht dünner als 220 sog. Dobson-Einheiten, dann wird das Ozonloch genannt. Im Jahr 2000 ist das Ozonloch in der südlichen Hemisphäre auf 28 Millionen km² angewachsen, was nahezu der Größe von Afrika entspricht. Die ultraviolette Strahlung beschädigt Land- und Wasserlebewesen, hat negativen Einfluss auf ihr Immunsystem, verursacht Hautkrebs und beschädigt die Augen. Der Grund, warum die Ozonschicht dünner wird, ist die Zunahme von Gasen wie FCKW (Fluorchlorkohlenwasserstoffe). Nach den Protesten seit den 80gern ist FCKW nun verboten, aber HFC (hydrofluorocarbon) und PFC (perfluorocarbon), welche beide, wenn auch nicht im selben Grad, eine zerstörerische Wirkung auf die Ozonschicht haben, werden zu Millionen von Tonnen produziert und nehmen seinen Platz ein.4 Eine Recherche von Schweizer Forscher*innen hat gezeigt, dass die Ausdünnung der Ozonschicht sogar Auswirkungen auf tropische Gebiete hat, die sich tausende Kilometer entfernt befinden. Durch das Ozonloch über der Antarktis und der Arktis ist die Niederschlagsmenge im französischen Polynesien in der Zeit von 1960 bis 1990 um 50 Prozent gestiegen. Dieses Beispiel belegt vor allem, wie eng die Prozesse und Elemente in der Biosphäre miteinander verbunden sind und wie tiefgreifend sie einander beeinflussen. Die selbe enge Verflechtung besteht bei der Ausrottung der Arten. In der Regel spielt der Organismus einer Lebensform eine zentrale Rolle für das gesamte Ökosystem, in dem sie lebt, und dessen Gleichgewicht kann durch das Verschwinden einer Lebensform in verheerender Weise durcheinander geworfen werden. Leider ist der Zeitpunkt, zu dem das Bewusstsein über diese Situation wächst, in der Regel bereits äußerst spät für die Möglichkeit einer Regenerierung. Heute gibt es 1,9 Millionen bekannte Tierarten. 1,88 Millionen darunter, die meisten davon Käfer, sind Wirbellose. Schätzungen zu Folge sterben jedes Jahr 35 Tausend Arten aus. Laut Greenpeace sind 8 mal so viele Arten, wie in den vergangenen 500 Jahren ausgestorben sind, heute vom Aussterben bedroht. Die Menge von winzigen Algen, die Phytoplankton genannt werden, die Grundlage der Nahrungskette in den Meeren bilden und 70-80 Prozent des Sauerstoffs auf dem Planeten generieren, ist seit 1950 um die Hälfte geschrumpft. Hierbei handelt es sich nicht nur um die Zerstörung des Ökosystems des Meeres sondern außerdem um die Beeinflussung von Klima und Wetter. Versauerung5 der Meere, Absterben der Korallenriffe, Verschmutzung durch Plastik - inzwischen gibt es mehr als 500 "Tote Regionen" in den Meeren nahe der Küsten, von denen sich einige über mehrere zehntausend km² erstrecken. Verschmutzung, Vergiftung, Erwärmung und Versauerung der Meere sind auf dem besten Wege, ein Niveau zu erreichen, das nie wieder rückgängig gemacht werden kann. Im Jahr 2012, im Verlauf von nur einem einzigen Jahr, sind weltweit 1,9 Milliarden Tonnen Müll produziert worden. 70 Prozent davon wurden gesammelt aber nur 19 Prozent davon sind recycelt worden. Es ist nicht schwer sich vorzustellen, wo sich der Rest von diesem Müll nun befindet. Die Verbrennung von Müll ist sogar noch schädlicher. Hierbei bleiben extrem giftige Rückstände zurück und es werden Treibhausgase freigesetzt. Giftiger und radioaktiver Müll verschmutzt Wasser, Luft und Boden in unvorstellbarem Ausmaß. Nur um der Produktion selbst willen produzierend und sich für nichts interessierend außer die Generierung seiner Profite, kümmert das Kapital sich nicht um die Vollständigkeit von Wirtschaftskreisläufen bei denen natürliche Ressourcen wiederverwertet und erneut in den Produktionsprozess integriert werden. Um ein solches Recycling hingegen auf einem wirklich bedeutsamen Niveau organisieren zu können, muss es bereits auf Produktionsebene geplant werden. Beispielsweise wird lediglich 1 Prozent des Elektroschrott, welcher teilweise große Mengen wertvoller Metalle enthält, wieder verwertet. Es kostet sogar zwischen doppelt und zehn mal so viel Zeit die selben Materialien aus Minen zu gewinnen als durch Recycling. Wie etwa die gerade in Russland in der Testphase befindliche "Satan 2" genannte termonukleare Rakete mit zehntausend km Reichweite, 2000 mal stärker als die Bomben, die auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfen worden sind und stark genug, um ein Land von der Größe Frankreichs von der Landkarte zu streichen, so sind zahllose chemische, biologische und nukleare Waffen als eine der Hauptbedrohungen des irdischen Lebens auf die Bühne der Geschichte getreten. Im 21. Jahrhundert haben mehr als 1,2 Milliarden Menschen keinen Zugang zu sauberem Wasser. Fast 11 tausend Kinder sterben jeden Tag, weil das Wasser nicht reicht oder zu schmutzig ist. Diese Tode sind nicht etwa eine Folge von Wassermangel; 380000 Liter Wasser werden bei der Produktion eines einzigen Autos verbraucht und 15500 Liter frisches Wasser werden verbraucht, um ein Kilogramm Fleisch zu produzieren.6 Grenzenlose Ausbeutung und Grausamkeit der kapitalistischen Produktionsweise umfasst selbstverständlich auch die Themen der Umwelt. Die Verbrechen, welche die imperialistischen Mächte in abhängigen Ländern an der Natur verüben sind ein Thema von gewaltigem Umfang, das wir im Rahmen dieses Artikels nicht im Detail behandeln können. Aber wenigstens müssen wir an dieser Stelle hervorheben: Diejenigen, die die Umweltprobleme schaffen, sind im Grunde bloß eine handvoll Weltmonopole und imperialistische Länder, und diejenigen, die am meisten unter ihren grausamen Folgen leiden, sind vor allem die Völker, welche in den finanz-ökonomischen Kolonien leben. Beispielsweise liegt den 2017 veröffentlichten Daten zufolge der Anteil der G20-Länder am CO2-Ausstoß bei 75,26 Prozent und der gemeinsame Anteil von China und den USA bei 37 Prozent. Ein weiteres und wenig beachtetes Produkt der Umweltzerstörung ist Migration. Zwischen 2008 und 2017 sind 2 bis 3 mal mehr Menschen vor Naturkatastrophen als vor Kriegen geflohen. Vielleicht konnten die Klimamigranti*innen es in vielen Fällen nicht schaffen, die Grenzen zu überschreiten und haben es deshalb nicht auf die Agenda geschafft. Laut Greenpeace sind jedes Jahr 25,4 Millionen Menschen durch Naturkatastrophen zur Migration gezwungen. Zwischen 2008 und 2015 waren alleine durch Überflutungen 110 Millionen Menschen gezwungen, ihr zu Hause zu verlassen.7 Selbst die Quellen der Bourgeoisie können nicht länger die Tatsache leugnen, dass Naturkatastrophen Produkt des existierenden Systems sind. Wenn wir uns die Ergebnisse der 7 verschiedenen im Jahr 2016 veröffentlichten Untersuchungen anschauen, sehen wir, dass 90 Prozent der Expert*innen im Zusammenhang mit diesem Thema konstatieren, dass die globale Erwärmung vom Menschen geschaffen ist. Natürlich müssen wir die Antwort "Mensch" hier durch Ersetzung mit "Kapitalismus" korrigieren. Wer offensichtlich an der Krise schuld ist In Dialektik der Natur zeigt Engels an Hand einer Vielzahl von Beispielen, dass der Mensch anders als die Tiere mit einer bestimmten Ziel in die Natur eingreift, die Natur umwandelt, um diesem Ziel zu dienen, aber in den meisten Fällen nicht im Geringsten die Nachwirkungen dieser Umwandlung voraus sieht und gewaltige Zerstörung hervorruft. Zur Definition des Verhältnisses zwischen Mensch und Natur erklärt Engels: "Und so werden wir bei jedem Schritt daran erinnert, daß wir keineswegs die Natur beherrschen, wie ein Eroberer ein fremdes Volk beherrscht, wie jemand, der außer der Natur steht - sondern daß wir mit Fleisch und Blut und Hirn ihr angehören und mitten in ihr stehn, und daß unsre ganze Herrschaft über sie darin besteht, im Vorzug vor allen andern Geschöpfen ihre Gesetze erkennen und richtig anwenden zu können."8 Und weiter: "Und in der Tat lernen wir mit jedem Tag ihre Gesetze richtiger verstehn und die näheren und entfernteren Nachwirkungen unsrer Eingriffe in den herkömmlichen Gang der Natur erkennen. Namentlich seit den gewaltigen Fortschritten der Naturwissenschaft in diesem Jahrhundert werden wir mehr und mehr in den Stand gesetzt, auch die entfernteren natürlichen Nachwirkungen wenigstens unsrer gewöhnlichsten Produktionshandlungen kennen und damit beherrschen zu lernen. Je mehr dies aber geschieht, desto mehr werden sich die Menschen wieder als Eins mit der Natur nicht nur fühlen, sondern auch wissen, und je unmöglicher wird jene widersinnige und widernatürliche Vorstellung von einem Gegensatz zwischen Geist und Materie, Mensch und Natur, Seele und Leib [...]" Unsere Herangehensweise an das Thema sollte also weder sein, die Natur unterwerfen zu wollen, noch die Natur vor "dem bösen Menschen" beschützen zu wollen, wie es einige "Biozentrist*innen" aktuell tun. Es geht darum, als Menschen in Harmonie mit der Natur zu leben, von der wir selbst ein Teil sind, und die sich entwickelnden Bedürfnisse der Menschheit zu befriedigen mittels einer Planung hinsichtlich kurzer Zeitabschnitte wie langfristiger Entwicklungsperspektiven, welche die Gesetze der Natur berücksichtigt. Allerdings, wie Engels im Folgenden deutlich macht, ist hierzu das Verstehen der Gesetze der Natur alleine nicht ausreichend, sondern der Umsturz der gesamten bestehenden Produktionsweise und ihres gesellschaftlichen Überbaus erforderlich. Denn das Wesen der kapitalistischen Produktionsweise steht im Widerspruch zu dieser Problemlösung. Denn die einzelnen Kapitalist*innen und das Kapital als ganzes erkennen kein anderes Ziel als die Maximierung ihres Profits an, sehen in der Natur einen "Selbstbedienungs"-Laden ohne Kasse und sind sehr engagiert darin, zu versuchen, Arbeit und Natur, welche die Quelle allen Reichtums sind, aufs äußerste auszubeuten. Sie kümmern sich nicht darum, mit der Natur zu harmonieren, oder um die Folgen ihrer Eingriffe in die Natur. Ihre einzige Sorge ist der Verkauf von Produkten und die Realisierung von Profit! Innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft ist es unvermeidlich, dass der Mensch sich von der Natur entfremdet, genau wie er sich von seiner eigenen Arbeit entfremdet. Im Kapitalismus wird alles zur Ware. Heute sind selbst genetisches Material (z.B. Samen) und Trinkwasser zu Privateigentum geworden. Es wäre keine Überraschung, wenn sie bald versuchen, uns die Luft zu verkaufen, die wir atmen. Der Kapitalismus zersplittert die Natur in Waren und verwüstet sie. Im Kapitalismus wird die gesamte Produktion, das heißt, die Eingriffe des Menschen in die Natur, nach und nach an den Zweck der Profitgewinnung gebunden. Während die Bedeutung des Zusammenhanges des Zustandes der Natur mit den gesamtgesellschaftlichen Verhältnissen des Menschen, der ein Teil der Natur ist, von der regierenden Klasse herunter gespielt wird, werden gleichzeitig fossile Brennstoffe, trotz der resultierenden Gefährdung des Lebens auf der Erde, weiterhin genutzt, um die Profite einer Handvoll mächtiger Ölmonopole zu vermehren, obwohl jede*r weiß, wie gefährlich das ist. Das Problematik des Klimawandels hat nichts zu tun mit einem Mangel an Wissen über seine materiellen Ursachen oder mit einem Fehlen von Lösungsmöglichkeiten in der Wissenschaft. Im Gegenteil hält das Kapital es für ausreichend, die Natur zu schützen, indem innerhalb der aktuellen gesellschaftlichen und politischen Beziehungen, die sich durch Zersplitterung in Konkurrenz und Eigeninteressen auszeichnen, mit der Schaffung von Hindernissen zur Verlangsamung des Zerstörungsprozesses weiter gemacht wird. Bio-Lebensmittel essen hat nichts mit dem Schutz der natürlichen Umwelt zu tun. Lösungswege, die zu individuellen Aufgaben herabgestuft werden, also vereinzelte Reformen wie die Mülltrennung im Haus, die Verwendung von Biobenzin für das Auto oder das Aufladen von Handys mit Solarenergie, verlieren ihren Sinn. Sich "verantwortungsvoll verhalten" oder einzelne Reformen können leider die Umweltkrise nicht länger lösen, welche ein weltweites Ausmaß erreicht hat und aus einer Ansammlung zahlreicher sich gegenseitig bedingender Faktoren besteht.9 Diese Krise kann nur durch die Vernichtung des kapitalistischen Systems überwunden werden, welches Menschheit und Natur zerstört und alles seiner Gier nach Profit unterwirft. Greenwashing und Krokodilstränen Die Zerstörung der Natur kann vor keiner*m mehr verborgen werden, selbst die Repräsentant*innen des Kapitals sind gezwungen zu reagieren. Auf Umweltgipfeln gesprochene heilige Schwüre werden in den Medien der Bourgeoisie mit viel Glanz und Glitzer live übertragen. Als Ergebnis breiter demokratischer Proteste wurde, gestützt auf ein Paar der ansonsten auf dem Papier bleibenden Entscheidungen, innerhalb der imperialistischen Ländern damit begonnen, Wälder aufzuforsten und Flüsse und Luft in einen einigermaßen sauberen Zustand zu versetzen. Aber wir müssen natürlich hervorheben, dass in den finanz-ökonomischen Kolonien die Entwicklung in die entgegengesetzte Richtung verläuft. Kleine Flicken können nicht die immer tiefer werdenden Wunden verdecken. Die "Lösungen" der Bourgeoisie schieben das Thema bei Seite und rufen zudem neue Probleme hervor. Beispielsweise wurde der Smog über London reduziert, indem die Industrie verlegt worden ist, aber heute haben wir noch schlimmere Fälle desselben Problems in China. Oder etwa ein Umschwung zur als "sauberen Energie" vermarkteten Nuklearenergie als Kohle-Ersatz, die wirklich kein Mensch für sicher halten kann, was nichts anderes bedeutet als aus einer heißen Pfanne ins brennende Feuer zu springen. Da die Bourgeoisie angesichts der offensichtlichen ökologischen Fakten sich nicht durch pures Leugnen aus Sder Affäre ziehen kann, investiert sie Millionen in "Klima-skeptizismus", um Verwirrung zu stiften. Deren einzige Aufgabe ist es, die dringliche Klimaproblematik zu einer strittigen Thematik zu machen, indem sie falsche Daten verbreiten und auf Lügen begründete Methoden anwenden, um es dem Kapital zu erleichtern grünes Licht für neue Investitionen zu bekommen. Eine derzeit ziemlich in Mode gekommene entsprechende Methode ist, sich durch "Greenwashing" von Schuld freizusprechen. Dabei werden kommerzielle Projekte als "Beitrag zum Umweltschutz" präsentiert und dabei den Monopolen sogar noch zusätzliche Geldfonds zur Verfügung gestellt. Ein Beispiel dafür, wie das Kapital so grün angestrichen wird, sind die extrem umweltschädlichen Müllverbrennungsanlagen, die als "umweltfreundlich" verpackt werden. Einer der berühmtesten Repräsentanten der "Greenwashing"-Politik ist der Politiker der amerikanischen Bourgeoisie "Al Gore", der mittels des Kohlehandels einen neuen Markt geschaffen hat, der dem spekulativen Kapital riesige Profite einbringt. Der im Kyoto-Protokoll vereinbarte Handel mit Zertifikaten ist ein ähnliches Beispiel. Die Produktion von H-FCKW-22 (teilhalogenierte Fluorchlorkohlenwasserstoffen) in China und Indien ist daraufhin um 25 Prozent gestiegen, nur um mit ihrer erneuten Zerstörung Geld zu verdienen, da die Belohnung für die Zerstörung von einer Tonne dieses Gases 140 Tausend Euro betragen hat.10 Ist die Überwindung der Umweltkrise im Stadium der Imperialistischen Globalisierung möglich? Das kapitalistische System unterhöhlt kontinuierlich die physischen Lebensbedingungen mit seinem habgierigen Streben nach Maximalprofiten und diese Situation ist dabei, außer Kontrolle zu geraten. Es ist nichts neues, dass sich das Kapital frei nach dem Motto "nach mir die Sintflut" aufführt. Was heute neu ist, ist dass der Teil, "nach mir" nicht länger verfügbar ist. In dem Buch "Siebzehn Widersprüche und das Ende des Kapitalismus" analysiert David Harvey11 den Widerspruch zwischen Natur und Kapital. Er wirft die Frage auf, ob die Umweltkrise eine tödliche Krise für den Kapitalismus ist, und stellt vier Argumente vor, sich mit diesem weit verbreiteten Gedanken mit großer Aufmerksamkeit zu beschäftigen: 1) Der Kapitalismus hat eine lange Geschichte der Umweltprobleme und es bis jetzt immer geschafft, diese irgendwie zu händeln. Keine der Theorien über "den Untergang der Welt" hat sich bewahrheitet. 2) Die Natur ist ein Teil des Akkumulationsprozess des Kapitals; beispielsweise ist die Möglichkeit einer Pflanze, wachsen zu können, ein Bestandteil von Profitgewinnung und Reinvestition. 3) Das Kapital hat die Umweltproblematik zu einer großartigen Quelle des Profits gemacht. Umwelttechnologien sind zu einem bedeutenden Faktor auf dem internationalen Finanzmarkt geworden und somit ist die Stoffwechsel-Beziehung mit der Natur in eine Akkumulationsstrategie umgewandelt worden. 4) Selbst inmitten in einer Naturkatastrophe kann das Kapital weiterhin zirkulieren und sich akkumulieren. Naturkatastrophen bieten dem Kapital neue Möglichkeiten zur Profitgewinnung und angesichts der relativen Überbevölkerung braucht das Kapital Massenvernichtung auf Grund von Umweltzerstörung nicht zu fürchten.12 Schauen wir uns diese Argumente nun näher an. Wie Harvey ebenfalls anerkennt, gibt, bis jetzt noch nicht vernichtet worden zu sein, keine Gewissheit, dass das Leben auf der Erde nicht in Zukunft vernichtet wird. Übrigens geht es um mehr als bloß die Frage, ob "die Welt untergeht". Die Frage muss lauten, ob das Kapital in der Lage ist, diese Krise zu überwinden, welche die Natur zunehmend intensiver und auf immer komplexeren Wegen beeinflusst, oder ob der Widerspruch zwischen Kapital und Natur im Stadium der imperialistischen Globalisierung ein weiterer Ausdruck davon ist, dass das Kapital auch in ökologischer Hinsicht an seine eigenen Grenzen stößt. Die als zweites Argument von Harvey aufgeführte Tatsache, dass die Natur ein Bestandteil des Zirkulations- und Akkumulationsprozess des Kapitals ist, schließt in keiner Weise aus, dass hierin zugleich ein antagonistischer Widerspruch enthalten ist. Mit dem Grundwiderspruch von gesellschaftlicher Produktion und privatem Eigentum in seinem Fundament, trägt der Kapitalismus bereits einen unheilbaren Widerspruch in sich, der seine eigene Totengräberin, die Arbeiter*innenklasse, erschafft. Innerhalb der Beziehung zwischen dem Kapital und der Natur hat die Natur die Position vom Kapital unterworfen zu werden. Wenn die Pflanzen aber auf Grund von genetischen Manipulationen, Starkregen oder Dürre nicht wachsen können wie erwartet, oder wenn es unmöglich wird abzusehen, wie sie auf unbeschreiblich durcheinander gebrachte Bedingungen reagieren werden, schmelzen auch die Möglichkeiten des Kapitals dahin, aus diesen Profite heraus zu pressen. Es stimmt, dass die Kapitalist*innen sich nicht scheuen, uns dreiköpfige Hühner oder direkt das Gift selbst als Delikatesse zu servieren, aber würden wir das dann auch essen? Was wir damit meinen ist, es scheint sehr hart für unser Verdauungssystem zu sein sich ähnlich schnell zu verändern wie das Klima und es ist ein Ding der Unmöglichkeit für das kapitalistische System eine Natur zu verdauen, die derart "außer Kontrolle geraten" ist und noch deutlich turbulenter werden wird. Die Umweltkrise ist nicht länger kontrollierbar oder vorhersehbar und sie erscheint nicht gerade wie ein Krieg der in Profit verwandelt werden kann, denn der Gegner ist keine Person, die bestechlich ist oder Waffen kauft, sondern es handelt sich um die objektiven Gesetze der Natur. Aus den Naturkatastrophen, die sich in ihrer Entwicklung wechselwirkend beeinflussen, können nur kurzzeitige Profite geschlagen werden, aber nach wie vor lässt die Zerstörung der Umwelt die Möglichkeiten der Kapitalinvestition unter extremen Hitzetemperaturen dahin schmelzen oder schwemmt sie mit der Flut von Überschwemmungen fort. Wenn ja schon "Entwertung" ein ernsthaftes Problem für das Kapital ist, wie wird es dann sein, wenn im Meer kein Fisch mehr zu finden ist und fruchtbare Böden sich in Wüste verwandeln. Die Zersplitterung der Natur in viele Teile, die es in Waren umwandelt, macht das Kapital nicht zum Regenten der Natur. Das Kapital sucht sich immer die profitabelsten Wirtschaftszweige für seine Investitionen aus und natürlich bilden Umwelttechnologien dabei keine Ausnahme. Auf Grund des Sinkens der Profitabilität löst sich das Kapital von produktiven Investitionen und konzentriert sich innerhalb der Spekulation und sein profitorientierter Charakter bedeutet nichts anderes, als dass es Profite, die es heute realisieren kann, definitiv allem, was morgen kommen kann, vorzieht. Es wird also niemals eine Tendenz geben, solche Investitionszweige zu priorisieren, die die Eigenschaft haben, eine Umweltkrise abzuwenden. Mit anderen Worten: So lange Öl als Energieressource mehr Profit einbringt als Wind, solange wird es bis auf den letzten Tropfen verbrannt werden. So lange die kapitalistische Mentalität die wissenschaftlichen Forschungen und die Anwendung der Wissenschaft auf die Produktion dirigiert, wird umweltfreundliche Technologie ebenso wenig hegemonial in der Produktion werden, wie Roboter vollständig an die Stelle lebendiger Arbeit treten können. Die Grenzen der Kapitalstützen Wissenschaftlich-technische Revolutionen sind in der Geschichte des Kapitalismus zu Katalysatorinnen der Wiederbelebung der Wirtschaft geworden. Als das Öl als Hauptenergieressource auf die Bühne der Geschichte getreten ist, hat das Auto13 den Weltmarkt erobert und hat geradezu wie Medizin auf die krisenhafte Wirtschaft gewirkt. Es bereitete den Boden für einen darauf folgenden allgemeinen Sprung in der Automatisierung. Kann heute eine ähnliche Entwicklung, also eine echte Wiederbelebung des kapitalistischen Wirtschaftssystems, das unter lang anhaltender Stagnation leidet, ermöglicht werden durch einen Umschwung hin zu Elektroautos und Solarenergie? Nehmen wir einmal an, Elektroautos verdrängen den Verbrennungsmotor, überwinden die letzten Hindernisse und werden hegemonial auf dem Weltmarkt. Ohne Zweifel wird dies eine Entwicklung sein, die das verzweifelt nach neuen Märkten und profitablen Investitionssektoren suchende Kapital nicht unbeachtet lassen kann. Es kann in keiner Weise behauptet werden, das Beruhigen des Widerstandes der mächtigsten großen Automobil- und Ölmonopole und die Umsetzung eines solchen Schrittes, der eine gewisse Regeneration der Produktivkräfte bewirken würde, wäre heute unmöglich geworden. Allerdings konnten in der heutigen Welt der imperialistischen Globalisierung zwei Hauptfaktoren, welche sich wechselseitig bedingen und welche die beatmende Wirkung solcher Erfrischungen begrenzen, schon zur genüge beobachtet werden: Einerseits ist der Anteil realer Produktion in der Gesamtwirtschaft nicht mehr so groß wie zu Zeiten der großen Auto-Invasion. Andererseits hat das überschüssige Kapital eine derart gewaltigen Menge erreicht, dass kein neuer produktiver Investitionssektor noch ausreichend sein könnte, um diesen chronischen Überschuss aufzunehmen. Aus diesem Grund können neue Investitionssektoren und neue Ebenen des Marktes, die durch neue Technologien geschaffen werden, lediglich quantitative Beiträge zur Lockerung der Blockaden innerhalb der Bewegungen des Kapitals leisten, aber keine qualitativen. Und der Impuls des Kapitals, dessen Flamme des technologischen Fortschritts bereits kurz vor dem erlöschen ist, in "grüne Technolgie" zu investieren, kann nicht sonderlich kraftvoll ausfallen. Um die ökologischen Probleme - wie in den Überlegungen Harvey's - lösen zu können, müsste das Kapital über Eigenschaften verfügen, die seinem eigenen Wesen widersprechen. Sämtliche Elemente der globalen Umweltkrise hängen direkt mit einander zusammen und erfordern einen weltweit koordinierte, geplante und langfristige Intervention. Wenn einzelne Unternehmen hingegen dementsprechend einem Plan produzieren aber auf gesellschaftlicher Ebene Anarchie der Produktion besteht und Konkurrenz als das bestimmende Gesetz herrscht, dann gibt es keine objektive Grundlage für das Kapital in die Umweltkrise auf eine geplanten und koordinierten Art und Weise einzugreifen. Die extrem verschärfte Konkurrenz und der tendenzielle Fall der Profitraten innerhalb des Stadiums der imperialistischen Globalisierung treiben das Kapital immer weiter zur erbarmungslosen Ausbeutung nicht nur des Menschen sondern auch der gesamten Natur. Während in der Periode des "Wohlfahrtsstaates" Kapazitäten für Reformen entwickelt worden waren, die in etwa den Forderungen der Umweltbewegung entsprochen haben, befinden wir uns heute in einer Situation, in der aus Sicht des Kapitals keinerlei Spielraum für "zusätzliche Aufwendungen" wie Umweltschutzmaßnahmen besteht.14 In einer Zeit in der sich das Kapital auf Grund der niedrigen Profitraten aus der Produktion zurückzieht, nach Wegen sucht, sich noch vor der Steuerlast zu drücken, die es aktuell trägt, in einer Zeit in der sogar die aller grundlegendsten öffentlichen Dienstleistungen auf den Markt geworfen werden, erscheint es kaum noch möglich, dass das Kapital überzeugt werden könnte, neue beständige Kapitalinvestitionen für Umweltschutzmaßnahmen zu tätigen, oder an neue Steuern gebunden werden könnte und zwar in gesellschaftlichem Maßstab. Selbst wenn starke Umweltbewegungen einzelne Monopole zwingen, Umweltschutzmaßnahmen zu ergreifen oder die Staaten der Bourgeoisie zwingen, in bestimmte Umweltproblematiken einzugreifen, öffnen solche Maßnahmen oder Interventionen keinen Weg zu einer Verallgemeinerung dieser Schritte in gesellschaftlichem Maßstab. Die Ausplünderung der natürlichen Ressourcen ist keine neue Eigenschaft des Kapitals. Wenn die Ressourcen an einem Ort knapp werden, wenn etwa wie in Brasilien das Land zu unfruchtbar für das Anpflanzen von Kaffee geworden ist, zieht das Kapital für gewöhnlich einfach weiter an einen anderen Ort. Heute aber ist kein solcher reiner, unberührter Ort mehr übrig. Neue natürliche Ressourcen unterhalb der arktischen Pole oder auf dem Grund der Ozeane können nur mit Methoden abgebaut werden, die ökologisch extrem schädlich sind und die erneut die ökologische Krise verschärfen. In diesem Sinne beginnt die Expansion des Kapital an die physischen Grenzen der Welt zu stoßen. Harvey hat absolut recht festzustellen, dass das Kapital niemals davon ablassen werden kann, die Natur in Waren zu verwandeln und in Rechte privaten Eigentums zu zerteilen. Hieraus schließt er, dass die Umweltbewegung, wenn sie über Änderungen, die bloß der Verkauf eines neuen Anstrichs sind, hinaus reichen will, sich heute einen antikapitalistischen Charakter zu eigen machen muss. Allerdings vertritt Harvey im Widerspruch zu dieser Schlussfolgerung, der auch wir zustimmen, dass nicht behauptet werden kann, dass Kapital habe die Kapazität verloren, seine inneren Widersprüche hinsichtlich seines Verhältnisses zur Natur zu handhaben. Diese Herangehensweise hindert ihn daran, hinter den Zusammenhang der ökologischen Krise mit subjektiven und daher veränderbaren Entscheidungen zu schauen und zu erkennen, dass die ökologische Krise eine objektive Sackgasse für das Kapital ist. Es geht in dieser Sache nicht um diese Politik, jenen institutionellen Regulationsmechanismus oder jenes ideologische Argument. Es geht hier um eine Tendenz des Kapitals, welche unmittelbar aus seinem Wesen selbst entspringt und welche es dem Kapital unmöglich macht, die ökologische Krise zu stoppen, selbst wenn dies bedeutet, dass es die Auslöschung seiner eigenen Existenz riskiert. Obwohl er sagt, dass wenn es ein ernsthaftes Problem in der Beziehung zwischen Natur und Kapital gibt, handelt es sich um einen Widerspruch der aus dem Inneren des Kapitals heraus entsteht, nicht um einen, der von außen kommt und das Ökosystem des Kapitals mit einer Masse aggressiver Krebszellen vergleicht, zieht er nicht die theoretische Schlussfolgerung, die er hier ableiten kann, und endet im Nirgendwo: "Wir könne nicht behaupten, dass das Kapital die Fähigkeit besitzt, sein eigenes Ökosystem zu zerstören und gleichzeitig verneinen, dass es auch das Potential hat, sich selbst aus dem Chaos zu befreien und seine inneren Konflikte zu lösen oder wenigstens in ein Gleichgewicht zu bringen." Aber warum denn?! Kein Mensch behauptet, dass auf Grund der Umweltkrise das Kapital morgen ganz von alleine kollabieren wird aber es zeigt sich deutlich die Realität, dass wir an einen Scheidepunkt stoßen an dem es auch bezüglich der Umwelt heißt "Sozialismus oder Barbarei", dass die Produktion von Maximalprofit mit Vollgas auf die Grenze der physischen Zerstörung des Planeten zusteuert. Die ökologische Krise hat für den Kapitalismus existenziellen Charakter angenommen. Auch wenn er nicht den existenziellen Charakter der Umweltkrise anerkennt, stellt Harvey zwei Faktoren innerhalb des Stoffwechsels zwischen Kapital und Natur vor, die aus seiner Sicht die in Zukunft zu einer Bedrohung des Kapitals werden können. Erstens stellt er die mächtige Ausmaß des Anwachsens der Klasse der Rentiers heraus, also derjenigen, welche im Besitz von Land und Naturressourcen sind aber nicht die Absicht haben, diese zur Produktion zu benutzen. Denn, so Harvey, dieser Weg werden monopolistische Renten auf Kosten des produktiven Kapitals gewonnen. Letztendlich tendieren die Profitraten somit gen Null und einhergehend damit natürlich auch der Anreiz zur Reinvestition. Indem sich die Rentiers die natürlichen Ressourcen aneignen und die entscheidenden Positionen innerhalb des kapitalistischen Ökosystems, welches aus der widersprüchlichen Einheit von Kapital und Natur besteht, besetzen, schnüren seiner These zu Folge also die Rentiers dem produktiven Kapital die Luft ab. Als zweiten Grund nennt Harvey die extreme Entfremdung innerhalb der Beziehungen zwischen Kapital, der Natur des Menschen und der Natur als Gesamtheit und die Möglichkeit, dass dies einen Aufstand hervorrufen könnte. Seiner Meinung nach trägt die Zerstörung, die durch den Zwang die natürliche Welt zu einer Ware zu machen eine tiefere Bedeutung in sich, als dass die Kräfte der Natur keine Vorteile mehr für das Kapital bereit halten; was zerstört worden ist, sei die Natur des Menschen, die Fähigkeit noch eine andere Art von Mensch sein zu können, als das Kapital diktiert. Mit Harvey's Worten: "Die Samen sind gesät für einen humanistischen Aufstand gegen die Unmenschlichkeit, welche der Reduzierung der Natur und der Natur des Menschen auf eine Existenz als bloße Waren zu Grunde liegt." Beide von Harvey herausgestellten Punkte sind richtig, allerdings ist die ökologische Krise bezüglich des Kapitals deutlich tiefgreifender und unlösbarer als er denkt. WIR müssen das Ende setzen Jahre lang sind Umweltthemen als politisches Spielfeld für kleinbürgerlichen Reformismus betrachtet worden. Selbst die Arbeiter*innenklasse insbesondere im Bergbau ist mit der Nummer mit der Arbeitslosigkeit erfolgreich gegen die Umweltbewegung ausgespielt worden, indem lauthals gewarnt wurde "die wollen eure Arbeitsplätze vernichten". Die Umweltkrise ist aber nach und nach zur unmittelbaren Frage von Leben und Tod für Millionen von Menschen geworden. An dem Punkt, den wir inzwischen erreicht haben, bleibt keinerlei objektive Grundlage mehr für Lösungen innerhalb des Systems. Nur ein System, dass auf der harmonischen Einheit zwischen Natur und Mensch basiert, sich nach den Bedürfnissen der Menschen statt nach den Bedürfnissen der Profite der Bourgeoisie richtet, das auf Plänen und Proportionalität aufbaut statt auf Chaos und Konkurrenz, das die Kreativität von den Fußfesseln des Kapitalismus befreit, ein sozialistisches System also, öffnet alle Kanäle zur vollständigen Anwendung neuer ökologischer Technologien, die eine echte Lösung für die ökologische Krise finden können. Wir können nicht behaupten, dass die revolutionäre Bewegung über einen längeren Zeitraum ein der Umweltthematik gerecht werdendes Interesse für diese gezeigt hätte. Lassen wir die Diskussion über die Gründe bei Seite; dies ist definitiv ein Zustand, dem sofort ein Ende gesetzt werden muss. Heute ist der Widerspruch zwischen Kapital und Natur zu einem der aller wichtigsten und zu einem äußerst konkreten Punkt des Klassenkampfes geworden, der der Leben aller Unterdrückten bitter beeinflusst und obendrein neue antikapitalistische Dynamiken erschafft. Das ist eine Entwicklung, die leicht erkennbar ist, wenn wir uns nur den Widerstand gegen das Fällen von Bäumen anschauen, was der Zündstoff für den Gezi-Aufstand geworden ist, oder die militante Volksbewegung gegen hydroelektrische Staudämme in der Schwarzmeer-Region oder das wachsende Interesse der Frauen und Jugend für die ökologische Agenda. Das bedeutet, rund um die Umweltthematik, welche am aller klarsten hervor hebt, wie sehr das existenzielle Interesse des Menschen im Widerspruch steht zu der grimmigen Profitmentailität des Kapitals, kann ein ganzer Sturm von Kämpfen gegen die faschistische Diktatur und das kapitalistische System entstehen. Die in den letzten Jahren wachsende Zahl von Anhänger*innen der "marxistischen Ökologie" oder des "ökologischen Marxismus" ist ein Ausdruck der Tatsache, dass die ökologische Krise nur durch eine antikapitalistische Lösung überwunden werden kann, der sich in dieser Form im Bewusstsein widerspiegelt. Ökosozialismus, unter dessen Repräsentant*innen sich der Soziologe Ted Benton, der Philosoph André Gorz und der Ökonomist James O' Connor befinden, sind mit den achtzigern zu einer neuen Strömung geworden. In diesem Zeitabschnitt war die Kritik am Marxismus, dem Thema nicht genügend Aufmerksamkeit zu widmen, sehr verbreitet aber in den neunzigern haben "ökologische Marxist*innen" wie Paul Burkett und John Bellamy Foster, die Marx ins Zentrum stellend die ökologischen Zusammenhänge innerhalb der Kritik der politischen Ökonomie sowie wertvolle Ergänzungen der Beiträge von Engels auf dem Gebiet der Ökologie aufzeigend, sich darauf konzentriert haben, eine Position des antikapitalistischen Umweltkampfes aus der Perspektive der marxistischen Theorie zu entwickeln. Diejenigen, welche vom Ökofeminismus wie zum Beispiel von Vandana Shiva oder Judi Bari beeinflusst sind, haben eine klare Neigung zur Revolution und zum Sozialismus entwickelt: „Ökologist*innen mit ernsthaften Zielen müssen revolutionär sein." „Eines der Hauptziele des Sozialismus ist die Produktion für den Gebrauch statt für den Profit. Aus diesem Grund kann nicht von einem Ungleichgewicht in einem sozialistischen System gesprochen werden wie im Kapitalismus und folglich glaube ich, dass eine sozialistische Struktur, die der Erde keinen Schaden zufügt, aufgebaut werden kann."15 Heute wird die Ökologie zu einem unentbehrlichen Punkt auf der Agenda der revolutionären Bewegungen der Arbeiter*innenklasse und der Unterdrückten. Und, noch wichtiger, das Bewusstsein, dass diese Problematik nur durch eine antikapitalistische Revolution gelöst werden kann, wird jeden Tag stärker. Lasst uns unsere Erde in die Arme schließen, indem wir einen Kampf entwickeln, der den Kapitalismus überwindet, bevor der Kapitalismus der Existenz der Menschheit ein Ende setzt. [1] Laut eines offiziellen Reports von BBC im Oktober 2017 sind in der Türkei produzierte Paprikas auf Platz 4 in der Liste der gefährlichsten Produkte auf Grund von "hochgradigem Pestizidgehalt". Guten Appetit! [2] Bios bedeutet im Griechischen Leben und Sphäre bedeutet Globus [3] Anti-Dühring, Friedrich Engels, MEW Bd. 20, S. 75 [4] 1987 wurde das Montreal-Protokoll unterzeichnet, aber, wie dem auch sei, sind viele Länder diesem Protokoll nicht beigetreten und Monopole haben nie aufgehört aus diesen gefährlichen Gasen Profit zu schlagen. Letztendlich, im Jahr 2010, haben die übrigen Länder ebenfalls der Verbotsentscheidung zugestimmt aber da waren bereits neue, statt dessen produzierte Gase auf dem Markt eingeführt worden. [5] Die Reduzierung des PH-Wertes der Meere durch die Zunahme von CO2 wird "Versauerung" genannt. [6] Akt. Katastrophenalarm! Was tun gegen die mutwillige Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur?, Stefan Engel, Verlag Neuer Weg, Juni 2014, s. 211 [7] Akt. Klimawandel, Migration und Vertreibung, Greenpeace, Mai 2017 [8] Dialektik der Natur, Friedrich Engels, MEW Bd. 20, S. 453 [9] Das macht natürlich Kämpfe für Reformen nicht überflüssig oder unwichtig, im Gegenteil, die Formulierung täglicher politischer Forderungen auf dem Gebiet der Umweltkämpfe bleibt eine wichtige vor uns liegende Aufgabe. [10] Akt. Katastrophenalarm, s. 96-97 [11] David Harvey ist englischer Professor für Geografie und Anthropologie sowie Vertreter der kritischen politischen Ökonomie. Der englische Originaltitel lautet "Seventeen Contradictions and the End of Capitalism" [12] Seventeen Contradictions and the End of Capitalism, David Harvey, Profile Books, 2014, s. 246-250 [13] Nebenbei bemerkt sollten wir an dieser Stelle einmal klar stellen: Zur Entwicklung des Autos hat eine Frau (Berta Benz) einen überaus großen Beitrag geleistet. [14] Für mehr Informationen bezüglich der existenziellen Krise siehe die vorher gegangenen Ausgaben von Red Dawn [15] "Ecologists with serious aims must be revolutionary". "One of the primary goals of socialism is production for use not for profit. For this reason, one cannot talk about a unbalance in socialist system like in capitalism and therefore I believe that a socialist structure which will not harm the earth can be established." Revolutionary Ecology Biocentrism and Deep Ecology, Judi Bari
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