Roter Morgen / Ausgabe 18 / Winter 2018-19
Jede*r, der*die das gesellschaftliche Leben ein wenig analytisch betrachtet, kann leicht feststellen, dass es zahllose „Momente des Übergangs" im Leben eines Menschen gibt. Von der Geburt bis zum Lebensende birgt das Leben zahllose Momente des Umbruchs. Aber auch bestimmte Phasen des Lebens selbst bergen solche. Der Übergang vom Krabbeln zum Laufen, Sprechen lernen, der erste Schultag, ein Schulwechsel, der Beginn der weiterführenden Schule oder der Beginn eines Studiums, ein Wechsel des sozialen Umfeldes, Eltern eines Kindes werden, sich irgendeiner Organisation anschließen, sich am politischen Kampf beteiligen, die Erschaffung eines kulturellen, sportlichen oder artistischen Kunstwerkes, sich verschulden, neue Verantwortung übernehmen usw. Im Leben eines Menschen verwandeln sich zahllose gegebene Situationen in einen veralteten Zustand und vergehen, während zugleich zahllose neue Situationen aufkommen. Auf dem Weg von einer gegebenen Situation in eine neue, müssen eine oder mehrere Schwellen überschritten werden. Der Mensch ist ein gesellschaftliches Wesen und der „Mensch als Individuum" ist nichts anderes als die Summe der gesellschaftlichen Verhältnisse. Seit jeher kann der Mensch als Individuum nicht getrennt von der Gesellschaft, isoliert betrachtet verstanden werden. Das gilt auch für die Momente des Übergangs in seinem Leben. Entsprechend können Übergangsmomente auch begriffen werden, indem die Interaktionen einer Person als Individuum innerhalb der Gesamtheit ihrer Beziehungen mit der Gesellschaft verstanden werden. Jeder Schritt durch eine neue Tür, jeder Moment des Übergangs wird bedingt durch einen „inneren Kampf". Und dieser innere Kampf fließt in die Interaktionen mit dem gesellschaftlichen Umfeld ein. Wie im gesellschaftlichen Leben gibt es auch in einem revolutionären Leben zahllose „Übergangsmomente" und Wendepunkte. Eine Veränderung der revolutionären Aufgaben und Verantwortungen, die Veränderung der Aufgaben innerhalb eines Bereichs, der Wechsel des Aufgabenbereichs, der Übergang aus der Front des de-facto legitimen Kampfes in die freien Bereiche usw. Man mag heute in der Massenagitation arbeiten und morgen zum*r Kommandant*in einer Miliz werden oder auch umgekehrt. Man mag heute Propagandist*in sein aber morgen zu einem*r Organisator*in, Soldat*in oder Kommandant*in werden. Ein*e Soldat*in oder ein* Kommandant*in in der Stadtguerilla muss vielleicht in die ländliche Guerilla wechseln. Ein*e Journalist*in, ein*e Militant*in der revolutionären Presse kann zum*r organisatorischen Militanten in der Massenarbeit werden. Es kann notwendig sein, dass man Verantwortung in einer Frontorganisation übernimmt und die Stadt wechselt, sowie umgekehrt. Der*die Revolutionär*in kann verhaftet werden, ins Gefängnis gesperrt werden oder in ein anderes Gefängnis oder in eine andere Zelle verlegt werden, er*sie kann wieder aus dem Gefängnis entlassen werden. Ebenso können die politischen Bedingungen sich verändern und es notwendig werden, unter neuen Bedingungen weiter zu machen. Zahllose solche und ähnliche Situationen des Umbruchs sind die Schwellen im Leben eines*r Revolutionär*in. „Übergangsmomente" gibt es auch für eine Partei, die eine kollektive Identität darstellt. Wenn die politischen Bedingungen sich verändern muss diese sich den neuen Umständen anpassen und ohne zu zögern diesen Übergang vollziehen. Ein „Wechsel der Phase" fordert das kollektive Subjekt heraus, indem diesem die Aufgabe und Verantwortung übertragen wird, sich an neue Bedingungen anzupassen und in jeglicher Hinsicht eine revolutionäre Antwort auf die neuen Umstände darzustellen. In den Umbruchsmomenten innerhalb der Geschichte unserer Gesellschaft blicken kollektive revolutionäre Subjekte, revolutionäre Führer*innen und revolutionäre Militante den tiefgreifendsten und grundlegendsten Problemen der Veränderung und Erneuerung ins Auge. Es ist unmöglich vorherzusehen, ob diese Konfrontation in theoretischen, programmatischen, strategischen, taktischen oder organisatorischen Bereichen und Problemen ihren Anfang nehmen wird, auf welche Weise sie genau beginnen wird oder wie sie ihren Fortgang nehmen wird. Eine von zahlreichen Möglichkeiten wird dann letztendlich zur aktuellen Realität. Aber nachdem die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Umstände, in denen sich das revolutionäre Subjekt bewegt, sich verändert haben, wird es von diesen neuen objektiven Bedingungen geleitet und gezwungen, dieser Realität ins Auge zu sehen. Der objektive Zwang zur Neustrukturierung fordert das Subjekt heraus, sein Existenzrecht unter den neuen Bedingungen unter Beweis zu stellen. Wenn Kollektive und Individuen das Problem der „Neustrukturierung" dieser Momente nicht lösen, werden sie zu einem Hindernis für den Lauf der Geschichte, der Veränderungswind der Geschichte wird sie bei Seite fegen. Die erforderliche Antwort auf diesen revolutionären Ruf der Geschichte und dessen Anforderung an die Theorie, Strategie, Taktik und Organisation, liegt in einer Neustrukturierung. Das erste und das letzte Viertel des 20. Jahrhunderts waren der Schauplatz beeindruckender Beispiele dafür, wie mit den Anforderungen der historischen Aufgaben ihrer Zeit die Realität kollektiver Strukturen sozialistischen Anspruchs bzw. die Realität von Kollektiven, die auf dem Boden des Sozialismus kämpften, und deren Anführer*innen auseinandergefallen sind. Ebenso von Beispielen dafür, wie solche Subjekte eine entsprechende Neustrukturierung vorgenommen haben. Was ist die „revolutionäre Dialektik der Übergangsmomente", welche den Rahmen und den Inhalt von den spezifischen Anforderungen der Geschichte trennt? Welche Bedeutung hat sie für das Kollektiv und wo ist sie in der Entwicklung eines*r revolutionären Militanten zu finden? Was ist ein Bruch bzw. was sind Brüche, was ist ein Rückfall bzw. was sind Rückfälle? Kann ein „Bruch" nur irgendein Bruch sein? Was ist, wenn ein „Bruch" nur irgendein Bruch bleibt? Was ist ein Sprung, kann es einen „bruchlosen Sprung" geben? Eine Brücke, welche zwei Felder verbindet, ist eine gute Metapher für einen Übergangsmoment. Indem die Brücke die Existenz zweier beieinanderliegender aber getrennter Realitäten unterstreicht, betont sie die Bedeutung der eigenen Existenz. Die Brücke ist die Geografie des Zusammenhangs des jetzigen mit dem nächsten, zweier einander naher aber doch getrennter Dinge. Die Metapher der Brücke beschreibt den Übergang eines*r Militanten in einem revolutionären Leben von einer Situation in eine andere. Die Brücke ist gefestigt aber der Übergang ist beweglich und dynamisch. Die Momente des Übergangs sind nichts anderes als kurze oder lange, tiefgreifende oder oberflächliche, simple oder komplexe dialektische Prozesse. Es gibt vielfältige Arten von Brücken, die sich in Länge, Höhe und Beschaffenheit unterscheiden. Natürlich kann nicht ein Moment des Übergangs dem anderen gleichen wie ein Ei dem anderen; jeder einzelne solcher Momente hat seine eigene spezifische Geschichte. Aber die Momente des Übergangs haben ihrem „Charakter" nach alle dieselbe „Qualität". Ohne Ausnahme bedeutet ein Übergang von einer Situation in die Andere Veränderung und Bewegung. Alle Übergangszustände beinhalten Widersprüche, Probleme, Unsicherheiten, Möglichkeiten, Risiken, „Wunder", „aber wenn"s, „oder"s und zahlreiche Fragen, die nach einer Antwort suchen. Wesentlich ist, dass die Übergänge in neue Situationen Momente der inneren Anspannung und Krise für die individuellen revolutionären Subjekte darstellen. Die Triebkraft, die Dynamik, welche die „Bewegung des Übergangs" anstößt, ist in der Struktur enthalten, welche erfüllt ist von den miteinander ringenden Widersprüchen. Von den Widersprüchen, die diesen Veränderungsdrang geweckt und gären lassen haben. Jeder Übergangszustand ist daher eine „objektive Realität", welche das Individuum herausfordert. Sie kann ein revolutionäres Sprungbrett darstellen aber sie kann sich auch in einen Rückschritt und eine Rückkehr zur bestehenden Ordnung verwandeln, darin umschlagen, dass der*die Revolutionär*in wieder in ein Loch zurückfällt, in eine Spirale der Lähmung gerät. Eine weitere Möglichkeit gibt es nicht. Egal ob bewusst und entschlossen oder spontan: Im Rahmen eines Übergangs wird ein*e Revolutionär*in mit dieser Entscheidung konfrontiert. Es gibt keinen Zweifel, dass diese*r Militant*in bereits kontinuierlich revolutionäre Aufgaben und Verantwortung übernommen hat, entsprechend seiner*ihrer revolutionären Existenz und Geschichte. So hat er*sie beispielsweise die eigene revolutionäre Entwicklung angeleitet. Jede*r Revolutionär*in tut dies in mehr oder auch weniger systematischer Weise. Aber die Momente des Übergangs liegen außerhalb der Routine und an diesen Gabelungen des revolutionären Weges muss er*sie eine neue Schwelle durchschreiten, hinter der noch Unbekanntes auf ihn*sie wartet. Unter den Bedingungen eines Übergangszustandes muss der*die Militant*in die eigene Entwicklung, die „Brüche und Sprünge" den revolutionären Zielen und Anforderungen entsprechend bewusst und überlegt anleiten. Jede „gegebene Situation" neigt dazu, den eigenen Status quo, die ihr entsprechenden Gewohnheiten zu erhalten, sich der Einfachheit, der Bequemlichkeit halber zu reproduzieren. Bewusstsein und Gefühle des Subjekts werden von ihr in diese Richtung geleitet und narkotisiert. Aber jede neue Situation erfordert, bedingt und erzwingt Veränderungen und schmerzhafte Herausforderungen für „eine gegebene revolutionäre Existenz" - voller Fragen, Widersprüche, Zweifel, Unsicherheiten und Risiken. Was herausgefordert wird, ist die Qualität der revolutionären Existenz, das Revolutionärsein! Dieser Herausforderung kann aber nur in einer revolutionären Weise begegnet werden, durch die Produktion und Strukturierung des Revolutionärseins auf einem neuen Niveau, mit einem von der gegebenen Situation ausgehenden Sprung nach vorne. Lassen wir mal die Berufsrevolutionär*innen bei Seite: Jede*r Kanditat*in für das professionelle Revolutionär*innentum und jede*r revolutionäre Militant*in muss die Tatsache, dass er*sie in seinem*ihrem revolutionären Leben zahllose Zeiten des Übergangs durchleben wird, so gut kennen wie die eigene Westentasche. Diese Situationen werden seine*ihre revolutionäre Hingabe auf die Probe stellen. Aber er*sie wird ihre eigene Stählung vorantreiben, indem er*sie die Aufgaben dieser Momente des Übergangs in revolutionärer Weise löst. Wenn sich auf einer Seite der Schwelle zu einer neuen Umgebung der Bruch mit dem alten Zustand befindet, dann befindet sich auf der anderen Seite der Schwelle der Sprung in den neuen Zustand. Wenn der Bruch mit dem gegebenen Zustand die Form einer Veränderung von Bereich und Aufgaben annimmt, dann wird er physisch und ist deutlich mit konkreten Handlungen verknüpft, erscheint scharf wie ein Messer. In diesem Fall wird der gegebene Zustand physisch zerstört. Aber dennoch kann es passieren, dass der*die Revolutionär*in weiter in den Gewohnheiten, Denkweisen und Herangehensweisen, welche in dieser alten Situation eine revolutionäre Rolle gespielt haben, verhaftet bleibt. Die tiefgreifendsten Erschütterungen betreffen zweifellos den bestehenden Zustand der Gefühlsstruktur. Durch die erneuernde Wirkung eines inneren Sturms, der das innerste ins Wanken und Stolpern bringt, strukturieren diese sich neu. Die Folgerungen aus der kritischen revolutionären Hinterfragung des gegebenen Zustandes, der Gewohnheiten, Denkweise, Gefühlsstruktur und Herangehensweisen des gegebenen Zustandes, verleihen dem Bruch eine revolutionäre Bedeutung und Tiefe. Sie werden so zu einem revolutionären Gegengift gegen jeden Konformismus. Brüche, das bedeutet auch ein wenig „sich der Lasten des gegebenen Zustandes entledigen", nicht wahr? Brüche müssen ihre Entsprechung in der Zerstörung von Gewohnheiten finden, welche in der gegebenen Situation wurzeln. Ebenso in der kritischen, revolutionären Überwindung der Denkweise und Herangehensweisen, sowie in der Hinterfragung der Struktur der Emotionen und der Arbeitsweise, welche mit dem gegebenen Zustand verbunden sind. Der Bruch bedeutet, in den Gefühlen, Gedanken, Gewohnheiten und Herangehensweisen aufzuräumen und sauber zu machen. Für den*die revolutionäre*n Militant*in, der*die das Subjekt des Übergangsmoments ist, ist dies eine zeitnehmende Aufgabe, die aber nicht gleich und unmittelbar auch einen Sprung bedeutet. Der „Bruch" bezieht sich auf das, was innerhalb der Gefühle, Gedanken, im Verstand und der Arbeitsweise mit dem zusammenhängt, was früher war und was zur Vergangenheit gehört. Mit unserer Metapher betrachtet bedeutet Bruch, die Verbindungen in den Gefühlen, Gedanken, Beziehungs- und Arbeitsformen zu durchtrennen, die mit der Vergangenheit verbunden sind und der Zukunft im Weg stehen. Ein Sprung hat etwas mit der Zukunft zu tun. Es handelt sich um die Formung der zukünftigen Seite der Brücke. Ein Sprung ist die revolutionäre Handlung etwas Neues zu erschaffen, das den revolutionären Bedürfnissen der neuen Umstände entspricht. Brüche, ebenso wie Sprünge, sind sehr beeindruckend, wenn sie im Zusammenhang damit erfolgen, dass eine werktätige Person, ein*e Unterdrückte*r, ein*e Jugendliche*r, mit einem beigebrachten Lebensweg, sich an den revolutionären Aktivitäten der Partei beteiligt. Aber das dann folgende und sich fortsetzende revolutionäre Leben benötigt, bedingt und erfordert neue Brüche und Sprünge auf Grundlage des Revolutionärseins. Wenn wir von der ersten beschriebenen Situation ausgehen, dann ist das der Prozess, in dem der Bruch tiefgreifende Wurzeln schlägt. Sprung, das bedeutet für eine*n Revolutionär*in nicht, auf der selben Ebene stehen zu bleiben sondern das bedeutet kategorischerweise eine neue Stufenleiter zu erklimmen, ein neues Niveau des Revolutionärseins zu erreichen. Bruch und Sprung zusammengenommen bedeuten in ihrer Gesamtheit die Vertiefung des Revolutionärseins über den Aufbau einer höheren Militanz, die Zerstörung der Grenzen, die Senkung von Begrenztheit und die Erweiterung des Horizonts. Im Leben eines*r revolutionären Militanten sollten so viele Sprünge wie auch Brüche organisiert werden. Die Aufgabe, in den Momenten des Übergangs, die aus den Erfordernissen oder Bedürfnissen einer Veränderung der politischen und organisatorischen Bedingungen in der Stadt hervorgehen, an der jeweiligen Front des Kampfes ebenso viele Brüche wie Sprünge zu organisieren, diese Aufgabe liegt bei den*der revolutionären Militanten. Nur die kognitive und emotionale Fokussierung auf die neue Situation, die neue Phase, die neue Aufgabe kann zur Organisierung des Sprungs führen. Und ohne Umwege die Arbeit an der Organisierung des Sprungs in Angriff zu nehmen, das ist ein guter Anfang, um sich der Zukunft zuzuwenden, um die Gefühle und Gedanken auf die Zukunft zu richten. Es sollte nicht nur darum gehen, die neuen Umstände zu akzeptieren. Der Übergang in die neue Situation, der Bezug der neuen revolutionären Stellung sollte von dem*der Revolutionär*in gewollt und ersehnt werden, sodass sie*er sogar schon völlig in der neuen Situation verhaftet ist. Das bedeutet die Fragen des neuen Bereichs, die Aufgaben der neuen Umgebung zu verstehen, zu lösen und gedanklich zu begreifen. Das Verstehen der Bedingungen, Hindernisse, Probleme und Erfordernisse, welche die Umsetzung der neuen Aufgaben mit sich bringt, treibt die Nebelvorhänge auseinander. Das setzt dem aus Unklarheiten heraus entstehenden Zögern ein Ende und schafft Offenheit und Selbstvertrauen bei dem*r revolutionären Militanten. Die zurückbleibenden Elemente in den revolutionären Gefühlen und Gedanken, die Unklarheiten, Widersprüche und blinden Flecken, die egoistischen und individualistischen Elemente, die „kleinen Bestechungen des Systems", bremsen die revolutionäre Aktionskraft, produzieren Unentschlossenheit und können sogar erstickend wirken. Ebenso aber führen gedankliche Offenheit, ein tiefes Verständnis der revolutionären Aufgaben sowie Klarheit der revolutionären Energie zu einer Schärfung der revolutionären Entschlossenheit und des revolutionären Willens. Ebenso wirbeln diese die Sehnsucht nach gedanklicher und praktischer Aktivität, wirbeln diese das leidenschaftliche Streben nach Erfolg auf. Wenn eine*e revolutionäre*r Militante*r an jeder Schwelle, an die sie*er gelangt, sich fest auf eine kritische revolutionäre Analyse dieser Übergangsphase stützt, dann wird sie*er sich sowohl den Bruch mit der vorhergegangenen Periode als auch die revolutionären Möglichkeiten des Sprungs nach vorne angemessen zu Nutze machen können und sie in einen Hebel für ihre*seine revolutionäre Entwicklung verwandeln. An jeder neuen Schwelle des Übergangs wird die revolutionäre Existenz eines*r Militanten von einem inneren Kampf erfasst. Treue gegenüber den sozialistischen und revolutionären Zielen, den revolutionären Werten verschrieben zu sein, wird durch diesen inneren Kampf hindurch leiten. Und natürlich sollten die Erfahrungen der Partei eine wegweisende Unterstützung für die*den Militante*n sein. Es ist nicht möglich, sich vor der inneren Auseinandersetzung im Kontext der Momente des Übergangs zu verstecken. Es ist nicht möglich, angsterfüllt davonzulaufen, um zu vermeiden, sich selbst gegenüber zu treten und der eigenen revolutionären Realität ins Auge zu blicken! Gestützt auf die Grundlage einer revolutionären Persönlichkeit, die revolutionären Elemente in sich stärkend, wie in einem realen Kampf einen Abgrund zwischen sich und dem*r Feind*in schaffend, muss der*die Revolutionär*in die Gefühle und Gedanken bekämpfen, die ihre*seine revolutionäre Aktion begrenzen, muss sie*er den inneren Kampf in eine Chance zur Vertiefung ihrer*seiner Freiheit verwandeln. Im inneren Kampf, der sich aus der revolutionären Entwicklung ergibt, ist „die revolutionäre Gewalt der Kritik" die stärkste Waffe eines*r Revolutionär*in! Mutig, kreativ und klug auf die Erfahrungen der Partei gestützt, muss sie*er über ihre*seine Schwächen, über das im Alten verhaftete, über alle hemmenden Fesseln hinweggehen. An jeder Schwelle der revolutionären Entwicklung muss der*die Revolutionär*in in voller Absicht „alle Boote hinter sich in Brand stecken", inspiriert von revolutionärem Bewusstsein die Häfen und Boote der alten Umgebung verbrennend in einen revolutionären Prozess überlaufen. Revolutionäre Militante sollten sich bewusst sein, dass in diesem Kampf die politischen Bedingungen in ihrer jeweiligen eigenen spezifischen Weise ein Wörtchen mitreden werden. Die allgemeine politische Umgebung ergreift auf ganz unterschiedlichen Wegen, manchmal auch ganz direkt, für eine Seite Partei und verleiht dieser ein höheres Gewicht. So wie kein Ei dem anderen gleicht, befindet sich auch ein Stück der feindlichen Seite in ihr*ihm selbst. Insbesondere der konterrevolutionäre, bezwingende Druck der Bedingungen unter der faschistischen Aggression, welche ein wirklich heftiges Niveau erreicht haben, findet Widerhall in den schwachen Facetten des*r revolutionären Militanten, nährt die Fesseln der Ordnung und nagt an der revolutionären Entschlossenheit. Die Zeiten des revolutionären Durchbruchs in den Kämpfen nähren die revolutionäre Front der inneren Kämpfe und schenken den Revolutionär*innen Mut und Energie. Der*die revolutionäre Militante muss sich wohl bewusst sein, dass im revolutionären Kampf an jeder neuen Schwelle, in jedem Übergang ihre*seine persönlichen revolutionären Erfahrungen und auch die persönliche Geschichte vor dem Beginn ihres*seines revolutionären Lebens ein Wörtchen mitreden werden. Denn die innere Auseinandersetzung an jeder Schwelle findet jeweils vor dem Hintergrund einer Geschichte statt. Dieser Hintergrund, sei es bewusst oder spontan, wird Einfluss haben und in den inneren Auseinandersetzungen jedes Lebensabschnittes jeweils in komplexer Weise Partei ergreifen. Wenn ein*e Militante*r die Organisierung der Brüche und Sprünge, welche diese besonderen Momente erfordern, wenn sie*er diesen Organisierungsprozess in den Kontext einer kontinuierlichen Entwicklung innerhalb ihrer*seiner revolutionären Laufbahn setzt, welche eine Abfolge durchläuft, in der Bruch und Sprung gefolgt sind von akkumulativem, quantitativem Fortschritt, von erneutem Bruch und Sprung und erneuter Akkumulation, dann wird diese Herangehensweise den Brüchen Tiefe und den Sprüngen Höhe und Weite verleihen. Dann wird diese Herangehensweise den Horizont des*r Revolutionär*in erweitern, ihre*seine Qualität erhöhen, die bestehenden Grenzen zerstören und ein neues Niveau des Freiseins für sie*ihn hervorbringen. So wird sie*er in Einklang mit den Errungenschaften ihrer*seiner Geschichte weiterkommen und all das wird sowohl bedingt durch die revolutionäre Geschichte und den aktuellen Moment als auch bewusst durch revolutionären Verstand beeinflusst werden. Der Sprung nach vorne, das ist der Aufbau des Selbstvertrauens des*r Revolutionär*in auf höchstem Niveau. Auf jeder neuen Schwelle erhöht der*die Revolutionär*in den eigenen Anspruch. Die Begründer des Marxismus haben mit der Aussage, dass jede*r ihre*seine eigene Geschichte selbst schreibt, nicht bloß leere Worte von sich gegeben. Die Gesamtheit der revolutionären Praxis bedeutet, die Lehren des Marxismus in die Praxis umsetzen zu können, in Aktion zu bringen. Das bedeutet an jeder Schwelle der revolutionären Entwicklung, in jedem Zeitabschnitt die eigene revolutionäre Entwicklung auf die allgemeine kritische revolutionäre Analyse zu stützen und die jeweilige Schwelle, die neue Stufenleiter im Kontext der gesamten Entwicklung verorten zu können. In dem Maße, wie der*die Revolutionär*in über innere Klarheit verfügt und sich Überlegenheit über ihre*seine eigene Geschichte sichert, gewinnt sie*er die Macht und die Fähigkeit, die eigene Entwicklung zu leiten. Die Partei und die revolutionären Militanten müssen sich sehr klar bewusst sein, dass das Parteiumfeld, insbesondere die Parteiführung und leitenden Organe, starken Einfluss auf den inneren Kampf eines*r revolutionären Militanten im Übergangsmoment haben. Zweifellos besteht auch ein Zusammenhang mit „dem Zustand der Partei selbst", denn die Rolle, die eine Führung dabei spielt, um den Fortschritt der Partei zu leiten und zu entwickeln, ist nicht zu vergleichen mit einer zögerlichen, stockenden, ungenügenden Führung. Worum es hier geht ist die Anleitung des Übergangs eines*r Kader*in in eine neue Umgebung als strukturelles Element der Kader*innenpolitik der Partei, sowohl im Rahmen eines Wechsels der Front, des Bereichs oder der Verantwortung des*r Kader*in, als auch im Rahmen der Veränderung der politischen Lage und der Politik der Partei. Eine organisatorische Führung funktioniert so lange, wie sie in der Lage ist, dies bezüglich des Hauptkader*innenstamms, welcher das Rückgrat der Partei bildet, umzusetzen und auf diesem Wege fähig ist, die Kader*innenpolitik in ihrer Gesamtheit zu bestimmen. Das ist nicht der einzige bestimmende Faktor aber die Fähigkeit zur Leitung der inneren Kämpfe der revolutionären Militanten ist unabdingbar. Andererseits ist der*die revolutionäre Militante ein aktives kollektives Individuum und kann und muss „ihren*seinen eigenen inneren Kampf selbst leiten". Das Ideal ist das Zusammentreffen des kollektiven Subjekts und des individuellen Subjekts mit revolutionärem Verstand und Willen. Die Partei muss den inneren Kampf, den der*die Revolutionär*in in der Übergangszeit durchlebt, im Kontext ihres*seines jeweiligen eigenen Mikrokosmos begreifen. Die aller verlässlichste Gewissheit einer*r revolutionären Militanten auf noch so verworrenen Wegen des Übergangs, ist die Aktualität und Festigkeit ihrer*seiner Verbundenheit mit den revolutionären Zielen. Es geht nicht um die weitere Verfolgung der Ideale der Revolution und des Sozialismus, sondern um deren „Aktualisierung" und „Erneuerung". Jede gegebene, gleichbleibende Situation wird auf Dauer die Verbundenheit der Militanten zu den revolutionären Idealen, denen sie sich verschrieben haben, Schicht für Schicht abtragen und erodieren lassen. Wird diese an Bedeutung verlieren und verblassen lassen. Aktualisierung, das bedeutet die Erneuerung und Vertiefung der Kanäle der Verbundenheit. In jedem Augenblick des Übergangs ist Selbstkritik die engste Kampfgefährtin und die verlässlichste Waffenfreundin des*r Militanten - in diesen Momenten ist Selbstkritik revolutionäre Gewalt. Selbstkritik ist zuallererst und vor allem die ideologische Aktion, welche zur Überwindung des in der gegebenen Situation bisher erreichten Niveau des Revolutionärseins führt. Die revolutionäre Aktion der Selbstkritik beginnt mit der „Akzeptanz" der Begrenztheit, der Niederlagen, der Mängel, Limitiertheit, Fehler und Schwächen. Aber das ist eben lediglich der Anfang! Die Fortsetzung dieser Aktion in revolutionärer Weise erfolgt durch eine kritische revolutionäre Analyse, indem all die Warums, Wies und Wozus in revolutionärer Weise aufgeworfen werden. Die revolutionäre Gewalt der Kritik ist das ideologische Feuer, das mit seinem zerstörerischen Effekt, die Grenzen des gegebenen Zustandes des Revolutionärseins hinterfragt und so das Existenzrecht und die Legitimität dieses aktuellen Zustandes ins Wanken bringt. Dieses ideologische Feuer, welches den Boden des Revolutionärseins aufbricht und mit fruchtbaren Furchen durchzieht, bildet zugleich das Sprungbrett für den revolutionären Sprung nach vorne. Je mehr die Ausrichtung auf die Zukunft in den Gefühlen und Gedanken Klarheit gewinnt und den Charakter einer Aktion annimmt, umso mehr nimmt der Sprung als revolutionäre Aktion eine Gestalt an, in der sich die revolutionäre Denkweise, die revolutionäre Art und die Haltung widerspiegeln, die den neuen Bedingungen entsprechen und die die Umstrukturierung ermöglichen, welche zur Erreichung eines höheren Niveaus notwendig ist.
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