Augrund seiner strategischen Lage war Zypern in jeder Periode der Geschichte sehr wichtig für die Besatzungsmächte. Der Grund für den aktuellen Sturm, der über die Insel Zypern hereingebrochen ist, ist auch kein anderer, als ihre strategische Lage. Wie die letzen Jahrzehnte, genauer gesagt, die Entwicklungen seit der Besatzung eines Teils der Insel durch die türkische Armee, zeigen, soll die Insel entsprechend der imperialistischen Politik der Hegemoniemächte neu gestaltet werden. In dieser Periode geht der Ball zur Lösung der Frage immer zwischen der UN und der EU hin und her, und Griechenland und die Türkei, die immer dabei sind, mitzureden, wenn es um die Insel geht, haben wie eh und je versucht, ihre "Annektierungs-" und "Teilungs-" Politik den aktuellen Bedingungen entsprechend fortzusetzen.
Die beiden Kolonialmächte auf der Insel (die Türkei und Griechenland) haben die Teilung der Insel de facto verwirklicht, indem sie sich bis heute auf die beiden imperialistischen Mächte (EU und USA) stützen.
Der amerikanische Imperialismus wird Zypern wegen seiner Notwendigkeit für seine eurasische Geopolitik; die Strategie zur Weltherrschaft, nicht aufgeben. Auch die EU betrachtet Zypern als ein Sprungbrett für ihre imperialistische Expansion.
Bis jetzt hat Griechenland seine Annexionspolitik auf der Grundlage der Annahme gestaltet, dass es sie durch den Beitritt der Insel zu der EU umsetzen kann, und indem sie die Türkei aus der EU heraushält. Die EU-Imperialisten haben diese Politik Griechenlands ebenfalls unterstützt, denn die Mitgliedschaft von Zypern in der EU hieße, dass es eventuell nicht mehr unter amerikanischem Einfluss stehen würde. Im Gegensatz dazu hat die Türkei von Anfang an versucht, ihre "Teilungs-"Politik zu verwirklichen, und trotz einiger gelegentlicher Meinungsverschiedenheiten wurde diese Politik auch von den USA unterstützt. Denn selbst in dem Falle einer EU-Mitgliedschaft der Insel, planten die USA eine herrschende Macht, zumindest auf der türkischen Hälfte der Insel, zu sein.
Aber in den letzten Jahren hat die Situation sich verändert. Die Akzeptanz der Türkei als Beitrittskandidat der EU, die Schritte, die unternommen werden um Mitglied zu werden, die Unvermeidbarkeit in naher Zukunft eine endgültige Entscheidung über die EU-Mitgliedschaft der Türkei zu fällen und das auf die Tagesordnung Bringen des Annan Plans zur Lösung der Zypernfrage und das Festhalten an dem Plan, haben dazu geführt, dass die Karten neu gemischt, neue Rechnungen gemacht und eine neue Politik herausgebildet werden.
Der Annan Plan sieht eine föderative Struktur der beiden Hälften (Nationen) der Insel vor. Dieser Plan ist im Sinne der imperialistischen Interessen vorbereitet worden, aber nicht im Interesse der Völker auf der Insel. Der Annan Plan ist eine imperialistische Lösung und Ausdruck eines Übereinkommens zwischen den USA und der EU. Tatsächlich sind beide Seiten nicht glücklich mit diesem Plan.
Im Rahmen des Annan Plans verliert der amerikanische Imperialismus nicht viel von seinem Einfluss über die Insel, selbst in dem Fall der EU-Mitgliedschaft Zyperns. Die USA können sich über den britischen Militärstützpunkt auf der Insel und die weiter bestehenden Rechte der Türkei als einem der Garanten in die Angelegenheiten der Insel einmischen. Sie können ihre imperialistische Politik auf der Insel und in der Region aber auch über Länder, die Mitglied in der EU sind, aber sich durch ihre pro-amerikanische Politik auf die Seite der USA stellen, umsetzen.
Die Wahlen, die am 14. Dezember auf der türkischen Seite der Insel stattfanden, haben gezeigt, dass die Hälfte der Wähler für die Fortsetzung des Status quo ist, und die andere Hälfte für eine Veränderung. Aus diesen Wahlen geht also hervor, dass zumindest die Hälfte der Wähler einen Wechsel will und den Annan Plan annimmt. Die Wahlen hatten ebenfalls die Bedeutung, ein Referendum über den Annan Plan zu sein.
Die Ergebnisse der Wahlen haben ein weiteres Mal die unterschiedlichen Standpunkte zu der "Lösung" von Denktas, der für die Fortsetzung der traditionellen Politik ist, und der Opposition, die für den Annan Plan ist, deutlich gemacht. Die Wahlergebnisse haben auch Meinungsverschiedenheiten zwischen der Armee und der Regierung der Türkei noch einmal sichtbar gemacht. Denktas, und im Grunde genommen auch die Armee, sind für die Beibehaltung des Status quo. Die türkische Regierung sagt, dass der Annan Plan als Verhandlungsgrundlage akzeptiert werden kann. Die Opposition in Zypern vertritt auch den gleichen Standpunkt. In jedem Fall, selbst im Rahmen des Annan Plans, macht die türkische Seite Zypern zum Verhandlungsobjekt für den EU-Beitritt.
Sowohl die Türkei als auch Griechenland und die imperialistischen Mächte, USA und EU, sie alle sind verantwortlich für die faktische Teilung der Insel aufgrund der Politik, die sie bis heute geführt haben. Und sie brachten die Menschen auf der Insel dazu, dass sie nicht mehr miteinander leben können. Aber jetzt, als ob bisher gar nicht geschehen wäre, zwingen sie beide Völker auf der Insel dazu, gemeinsam zu leben. Der Annan Plan, diese imperialistische Lösung, ist ein direkter Ausdruck dieses Zwingens. Denn die Meinung der wahren Besitzer der Insel, die türkischen und griechischen Völker, wurde während der Vorbereitungen des Plans nicht eingeholt. Eine tragfähige Lösung jedoch, eine wirkliche Lösung für die griechischen und türkischen Werktätigen, muss die freiwillige Vereinigung beider Völker als Grundlage nehmen. Ausdruck einer bleibenden Lösung kann nur ein unabhängiges vereinigtes Zypern auf der Grundlage völliger Gleichheit beider Seiten sein. Und einzig und allein der Wille der türkischen und griechischen zypriotischen Völker kann bestimmen, welche Form der Staat des unabhängigen vereinigten Zyperns haben wird.
Wir, als MLKP, unterstützen den Kampf der zypriotischen Völker in diese Richtung und sind entschieden gegen ein Zypern, das als Werkzeug imperialistischer Politik benutzt wird.
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