Staatsterror vergeblich: Arbeiter und Werktätige nach 30 Jahren wieder am Taksim-Platz
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Am 30. Jahrestag des Massakers am 1.Mai 1977 haben Arbeiter und Werktätige den Taksim-Platz, der verboten war, erobert.
Die Gewerkschaften DISK und KESK , die Ingenieur- und Architektenkammer (TMMOB), die Ärztekammer, demokratische Massenorganisationen und fortschrittliche revolutionäre Kräfte bewahrten bis zum Schluss ihren Willen um die monatelang vorher bekannt gewordene Entscheidung, den 1. Mai in Taksim zu feiern.
Auch die Diktatur hatte sich aus eigener Sicht auf den 1.Mai in Taksim vorbereitet. Wochen zuvor hatte das Gouverneursamt von Istanbul bereits Drohungen ausgesprochen, dass „es auf gar keinen Fall die Erlaubnis für das Feiern des 1.Mai in Taksim geben werde". Diese Bemühungen wurden innerhalb der Arbeiterklasse von der Gewerkschaft Türk-Is repräsentiert. Die Türk-Is meldete eine Kundgebung in Kadiköy an, ganz nach den Empfindlichkeiten des Staates, und wollte somit den Willen der Arbeiterklasse und der werktätigen Massen brechen, am 1. Mai nach Taksim zu gehen.
Je näher der 1.Mai heranrückte, desto schärfer wurden die Sicherheitsvorkehrungen getroffen und zusätzliche Polizeikräfte aus anderen Städten nach Istanbul eingerückt. Insgesamt waren 17000 Polizisten für die Kundgebung in Taksim im Einsatz. Auch Gendarmeriekräfte waren an den Auseinandersetzungen in Taksim beteiligt. Doch den Höhepunkt der Sicherheitsvorkehrungen bildete zweifellos die Entscheidung des Gouverneursamtes, den Fährenverkehr zwischen der europäischen und der asiatischen Stadthälfte einzustellen, den Straßenverkehr auf eine Spur zu mindern und somit lahm zu legen und letztlich ganz Istanbul „zu verhaften". Mit dieser Entscheidung wurde das Gouverneursamt zur Zielscheibe großer Verärgerung und Reaktionen der gesamten Bevölkerung der Stadt. Der Staatsterror, der unter Vorwänden wie für „Sicherheit" und „gegen den Terror" geführt wurde, verlor aufgrund des in Istanbul geschaffenen Ausnahmezustandes aufgrund der Geschehnisse am 1.Mai seine Legitimität. Der 1.Mai wurde sowohl aufgrund Aufrufe der fortschrittlichen, revolutionären Kräfte, Gewerkschaften und Massenorganisationen, ebenso jedoch aufgrund der angeordneten Folter des Gouverneursamtes zum Tagesordnungspunkt von Millionen Werktätigen!
Das Gouverneursamt ließ es jedoch nicht nur bei der Aussetzung des Verkehrs. Busse, die von außerhalb kamen, wurden an der Einreise in die Stadt gehindert, den Massen, die sich in den Vierteln versammelt hatten, um gemeinsam zum 1.Mai zu fahren, wurde das Verlassen der Viertel nicht erlaubt und sie wurden zudem von der Polizei angegriffen. Das Organisationskomitee der Kundgebung wurde am frühen Morgen vollständig verhaftet. Journalisten wurden geschlagen, und TV-Fahrzeuge daran gehindert, ihren Job auszuüben. Unzählige Polizeiangriffe fanden in Taksim und den nahe gelegenen Gebieten wie Dolmabahce, Besiktas, Tarlabasi und Dolapdere statt. Die Rauchwolken der Gasbomben verwandelten Taksim stundelang in eine einzige Nebelwolke. Rund 800 Werktätige wurden verhaftet.
Doch der Wille von Zehntausenden Arbeitern und Werktätigen, am 1.Mai in Taksim zu sein, wurde trotz alldem nicht gebrochen. Jeder Platz, an dem es Polizeibarrikaden gab, an den Einreisepunkten in die Stadt, in den Bezirken der Werktätigen, auf den Autobahnen und die Fähren auf dem Marmarameer, denen das Anlegen nicht erlaubt wurde, wurden zu Orten des Widerstandes. In ganz Istanbul gab es den Willen, am 1.Mai in Taksim zu stehen und überall ertönten die Slogans „Jeder Ort ist Taksim, es lebe der 1.Mai". Die großen Sicherheitsvorkehrungen des Gouverneursamtes konnten die Arbeiter und Werktätigen nicht daran hindern, den 1.Mai doch in Taksim zu feiern.
Am 1.Mai 2007 wurde der Taksim-Platz, ein verbotener Platz in Istanbul, nach 30 Jahren erobert.
An der Kundgebung der Türk-Is jedoch beteiligten sich 5000 Werktätige. Obwohl relativ fortschrittliche Gewerkschaften wie die Yol-Is und Deri-Is, die an die Türk-Is gebunden sind, nicht überzeugt werden konnten, nach Taksim zu gehen, hat die Kundgebung in Kadiköy das Interesse der Arbeiter und Werktätigen nicht geweckt. Der Vorsitzende der Türk-Is konnte seine Rede nur in Begleitung von Buh-Rufen und Slogans wie „Salih Kilic, Diener des Kapitals" unter allergrößter Anstrengung zu Ende bringen. Die Partei EMEP , die die 1.Mai-Kungebung in Kadiköy nicht kritisierte, erklärte, dass sie die Diskussionen um Taksim nur als eine technische Angelegenheit betrachtete und nahm an beiden Aktionen teil.
Der 1.Mai wurde auch in anderen Städten mit Freude gefeiert. Die Angriffe in Taksim wurden in allen anderen Städten mit Protesten verurteilt.
Der Wille, am 1.Mai am Taksim-Platz zu stehen, war genauso wie das Resultat der Repression der Kampflinie der Arbeiterklasse und Werktätigen, ihr Recht zu suchen, das Druck auf die Gewerkschaften ausgeübte auch das Resultat der Kräfte der antifaschistischen Massenbewegung, die sich von den Massakern in Semdinli und Yüksekova bis zur Bombenaktion in Diyarbakir, von den Angriffen des neuen Antiterrorgesetzes bis zur Ermordung Hrant Dinks entwickelten, der Entschlossenheit, Rechenschaft vom konterrevolutionären Staat zu verlangen und der Sehnsucht nach Gerechtigkeit. Die Wut der Herrschenden am 1.Mai ist Ausdruck dafür, wie sehr sie sich vor der Entwicklung dieser zwei Elemente fürchten. Dieser starke Wille am 1.Mai 2007, der sein Recht gesucht hat, muss als eine Entwicklung betrachtet werden, die den Kampf der Masse in dem vor uns liegenden Zeitraum antreiben wird.

 

 

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Staatsterror vergeblich: Arbeiter und Werktätige nach 30 Jahren wieder am Taksim-Platz
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Am 30. Jahrestag des Massakers am 1.Mai 1977 haben Arbeiter und Werktätige den Taksim-Platz, der verboten war, erobert.
Die Gewerkschaften DISK und KESK , die Ingenieur- und Architektenkammer (TMMOB), die Ärztekammer, demokratische Massenorganisationen und fortschrittliche revolutionäre Kräfte bewahrten bis zum Schluss ihren Willen um die monatelang vorher bekannt gewordene Entscheidung, den 1. Mai in Taksim zu feiern.
Auch die Diktatur hatte sich aus eigener Sicht auf den 1.Mai in Taksim vorbereitet. Wochen zuvor hatte das Gouverneursamt von Istanbul bereits Drohungen ausgesprochen, dass „es auf gar keinen Fall die Erlaubnis für das Feiern des 1.Mai in Taksim geben werde". Diese Bemühungen wurden innerhalb der Arbeiterklasse von der Gewerkschaft Türk-Is repräsentiert. Die Türk-Is meldete eine Kundgebung in Kadiköy an, ganz nach den Empfindlichkeiten des Staates, und wollte somit den Willen der Arbeiterklasse und der werktätigen Massen brechen, am 1. Mai nach Taksim zu gehen.
Je näher der 1.Mai heranrückte, desto schärfer wurden die Sicherheitsvorkehrungen getroffen und zusätzliche Polizeikräfte aus anderen Städten nach Istanbul eingerückt. Insgesamt waren 17000 Polizisten für die Kundgebung in Taksim im Einsatz. Auch Gendarmeriekräfte waren an den Auseinandersetzungen in Taksim beteiligt. Doch den Höhepunkt der Sicherheitsvorkehrungen bildete zweifellos die Entscheidung des Gouverneursamtes, den Fährenverkehr zwischen der europäischen und der asiatischen Stadthälfte einzustellen, den Straßenverkehr auf eine Spur zu mindern und somit lahm zu legen und letztlich ganz Istanbul „zu verhaften". Mit dieser Entscheidung wurde das Gouverneursamt zur Zielscheibe großer Verärgerung und Reaktionen der gesamten Bevölkerung der Stadt. Der Staatsterror, der unter Vorwänden wie für „Sicherheit" und „gegen den Terror" geführt wurde, verlor aufgrund des in Istanbul geschaffenen Ausnahmezustandes aufgrund der Geschehnisse am 1.Mai seine Legitimität. Der 1.Mai wurde sowohl aufgrund Aufrufe der fortschrittlichen, revolutionären Kräfte, Gewerkschaften und Massenorganisationen, ebenso jedoch aufgrund der angeordneten Folter des Gouverneursamtes zum Tagesordnungspunkt von Millionen Werktätigen!
Das Gouverneursamt ließ es jedoch nicht nur bei der Aussetzung des Verkehrs. Busse, die von außerhalb kamen, wurden an der Einreise in die Stadt gehindert, den Massen, die sich in den Vierteln versammelt hatten, um gemeinsam zum 1.Mai zu fahren, wurde das Verlassen der Viertel nicht erlaubt und sie wurden zudem von der Polizei angegriffen. Das Organisationskomitee der Kundgebung wurde am frühen Morgen vollständig verhaftet. Journalisten wurden geschlagen, und TV-Fahrzeuge daran gehindert, ihren Job auszuüben. Unzählige Polizeiangriffe fanden in Taksim und den nahe gelegenen Gebieten wie Dolmabahce, Besiktas, Tarlabasi und Dolapdere statt. Die Rauchwolken der Gasbomben verwandelten Taksim stundelang in eine einzige Nebelwolke. Rund 800 Werktätige wurden verhaftet.
Doch der Wille von Zehntausenden Arbeitern und Werktätigen, am 1.Mai in Taksim zu sein, wurde trotz alldem nicht gebrochen. Jeder Platz, an dem es Polizeibarrikaden gab, an den Einreisepunkten in die Stadt, in den Bezirken der Werktätigen, auf den Autobahnen und die Fähren auf dem Marmarameer, denen das Anlegen nicht erlaubt wurde, wurden zu Orten des Widerstandes. In ganz Istanbul gab es den Willen, am 1.Mai in Taksim zu stehen und überall ertönten die Slogans „Jeder Ort ist Taksim, es lebe der 1.Mai". Die großen Sicherheitsvorkehrungen des Gouverneursamtes konnten die Arbeiter und Werktätigen nicht daran hindern, den 1.Mai doch in Taksim zu feiern.
Am 1.Mai 2007 wurde der Taksim-Platz, ein verbotener Platz in Istanbul, nach 30 Jahren erobert.
An der Kundgebung der Türk-Is jedoch beteiligten sich 5000 Werktätige. Obwohl relativ fortschrittliche Gewerkschaften wie die Yol-Is und Deri-Is, die an die Türk-Is gebunden sind, nicht überzeugt werden konnten, nach Taksim zu gehen, hat die Kundgebung in Kadiköy das Interesse der Arbeiter und Werktätigen nicht geweckt. Der Vorsitzende der Türk-Is konnte seine Rede nur in Begleitung von Buh-Rufen und Slogans wie „Salih Kilic, Diener des Kapitals" unter allergrößter Anstrengung zu Ende bringen. Die Partei EMEP , die die 1.Mai-Kungebung in Kadiköy nicht kritisierte, erklärte, dass sie die Diskussionen um Taksim nur als eine technische Angelegenheit betrachtete und nahm an beiden Aktionen teil.
Der 1.Mai wurde auch in anderen Städten mit Freude gefeiert. Die Angriffe in Taksim wurden in allen anderen Städten mit Protesten verurteilt.
Der Wille, am 1.Mai am Taksim-Platz zu stehen, war genauso wie das Resultat der Repression der Kampflinie der Arbeiterklasse und Werktätigen, ihr Recht zu suchen, das Druck auf die Gewerkschaften ausgeübte auch das Resultat der Kräfte der antifaschistischen Massenbewegung, die sich von den Massakern in Semdinli und Yüksekova bis zur Bombenaktion in Diyarbakir, von den Angriffen des neuen Antiterrorgesetzes bis zur Ermordung Hrant Dinks entwickelten, der Entschlossenheit, Rechenschaft vom konterrevolutionären Staat zu verlangen und der Sehnsucht nach Gerechtigkeit. Die Wut der Herrschenden am 1.Mai ist Ausdruck dafür, wie sehr sie sich vor der Entwicklung dieser zwei Elemente fürchten. Dieser starke Wille am 1.Mai 2007, der sein Recht gesucht hat, muss als eine Entwicklung betrachtet werden, die den Kampf der Masse in dem vor uns liegenden Zeitraum antreiben wird.