Die am 30. Januar im Irak stattfindenden Wahlen dienten der Aggression der USA und der Legitimierung der Besatzung. Doch das letztlich offen zur Schau tretende Gesicht der Besatzung und Ausbeutung durch die USA, die anwachsende kritische Haltung der moslemi-schen Völker gegen die USA, der Raub des irakischen Öls und die Zerstörung von historischen Kulturstätten, die Nichtbestätigung der Verbindung zur El Kaida, die als Vorwand für die Besatzung diente, das Nichtauffinden von chemischen Waffen und die Folter- und Vergewaltigungsszenen in Abu Ghraib haben die USA von der ganzen Welt isoliert und alleingelassen. Der Sumpf, in dem sie im Irak versunken sind, führte die USA zu neuen Wegen und Mitteln. Einst bemühten sich die USA vergeblich darum, militärische und politische Organisationen wie die UN, EU und NATO zu Mitstreitern der Besatzung zu machen. Nun wollen sie dies mit dem Täuschungsmanöver der Wahlen zum Erfolg bringen.
Die Wahlen im Irak, die im Schatten der Besatzer und des proklamierten Ausnahmezustands stattgefunden haben, haben 275 Sitze des vorübergehenden Parlaments festgelegt; der Zeitpunkt der Konstituierung ist noch offen. Die Aufgabe dieses Parlaments ist die Ausarbeitung und Fertigstellung der Verfassung des Irak innerhalb eines Jahres. Die Bündnisse oder Blöcke, die sich auf die Wahl vorbereiteten, an der mehr als die Hälfte der irakischen Bevölkerung nicht teilgenommen hat, haben sich nicht in Form von Parteien oder politischen Strömungen gebildet, sondern im Rahmen von Sippen, Religionsgemeinschaften und ethnischen Gruppen. Noch bevor Kandidaten auftraten und Wahlpropaganda betrieben wurde, wurden die Wahlen durchgeführt. Bei den Wahlen gewannen das Bündnis der Schiiten 140, das Bündnis der Kurden (KDP (Kurdische Demokratische Partei), PUK (Patriotische Union Kurdistan) u. a.) 77 und Allavi (laizistische Schiiten, von der CIA unterstützt) 40 Sitze.
Diese Wahlen wurden von der EU und imperialistischen Staaten wie Russland und Japan als "ein Schritt" betrachtet.
Die Aussagen, die die USA, die Türkei und die KDP-PUK (Kollaborateurparteien in Südkurdistan) vor, während und nach den Wahlen machten, zogen Aufmerksamkeit auf sich.
Die Türkei protestierte noch stärker gegen die Umsiedlung der kurdischen Bevölkerung, die zur Zeit Saddams ins Exil geschickt wurden, nach Kerkuk, die Deklarierung Kerkuks zur kurdischen Stadt, das Ausbleiben von militärischen Operationen der USA gegen Kongra-Gel (PKK) und die Beteiligung von zwei Kongra-Gel-nahen Parteien an den Wahlen in Irakisch-Kurdistan (Südkurdistan) und machte mit Vorwürfen gespickte "klare" Erklärungen.
Der türkische Außenminister A. Gül erklärte drohend, dass "die Türkei nicht schweigend mit ansehen wird, wie die demographische Ordnung Kerkuks verändert wird" und Ministerpräsident T. Erdogan sagte, dass "die Türkei ihre Pflicht in Afghanistan und im Irak zwar erfüllt hat, doch die USA keinen militärischen Eingriff gegen die PKK unternommen haben und die Türkei daher eigene Maßnahmen eingeleitet hat, 82% der Bevölkerung in der Türkei die USA eh als Bedrohung sehe, einige Koalitionsländer ihre Soldaten aus dem Irak zurückberufen haben und die Wahlen nicht demokratisch waren." Der stellvertretende Vor-sitzende des Generalstabs sagte, dass "man vollendete Tatsachen in Kerkuk nicht zulassen werde".
Doch was sind die Tatsachen?
Die "roten Linien", die der kolonistische türkische Staat für Südkurdistan festgestellt hatte, sind ineinander verlaufen, denn die USA sind ihr neuer Nachbar geworden. Vor der Besatzung durch die USA hat die Armee der türkischen Bourgeoisie den Irak (Südkurdistan) mehrmals besetzt, aber jetzt, nach den Erklärungen der USA und nachdem die türkischen Offiziere von den USA mit Säcken über den Köpfen gefangen gehalten wurden, ist sie nicht mehr in der Lage dieses Land zu besetzen. Der türkische Staat erklärte einerseits bei jeder Gelegenheit, dass er die territoriale Einheit des Irak respektiere, aber andererseits drohte er mit der Intervention in Kerkuk.
Der Traum von Kerkuk wurde wieder auf die Tagesordnung gebracht. Einer von den ehemaligen Ministerpräsidenten, Bülent Ecevit (er war vor zwei Jahren und auch während der Besatzung von Zypern 1974 Ministerpräsident) erklärte, dass M. Kemal und I. Inönü (Gründer des Staates der Türkischen Republik) testamentarisch festgelegt hätten, dass Kerkuk und Mosul der Türkei gehören sollen und ergänzte, dass sie während seiner Tätigkeit als Ministerpräsident auf eine günstige Gelegenheit gewartet haben aber keine Chance hatten.
Während der Wahlen hat die Türkei einige diplomatische Attacken entwickelt, um bei den USA ihre Verhandlungsposition zu stärken. Darunter sind zu nennen: Gespräche zwischen T. Erdogan und Putin, Beziehungen zwischen der Türkei und der EU, Gespräche zwischen der Türkei, Syrien und dem Iran, nicht sofortige Genehmigung des Wunsches der USA über die Nutzung des Luftstützpunktes in Incirlik.
Die Verantwortlichen der USA ließen mit der Antwort nicht lange auf sich warten. Rumsfeld machte darauf aufmerksam, dass wegen des Scheiterns des Gesetzes im Türkischen Parlament am 1. März, das den USA erlauben sollte, von der Türkei aus in den Irak einzumarschieren, die amerikanischen Soldaten nicht vom Norden in den Irak einmarschieren konnten und sich aus diesem Grund der Widerstand organisieren konnte und so bis heute andauern konnte. Außerdem erklärten sie, dass Kerkuk eine innere Angelegenheit des Irak sei und dass sie die Türkei nicht dazu aufgefordert hätten, zu intervenieren.
In Südkurdistan erklärten M. Barzani (Vorsitzender der KDP) und C. Talabani (Vorsitzender der PUK), dass "Kerkuk eine kurdische Stadt ist", und dass sie darüber von den USA und von der irakischen Regierung eine schriftliche Garantie bekommen hätten.
Kongra-Gel (PKK) bewertete "die Wahlen als einen positiven Schritt". Kongra-Gel erklärte, dass er "einen föderativ-demokratischen Irak unterstützt".
Mögliche Entwicklungen nach den Wahlen
Das schiitische Bündnis wird bei der neu zu gründenden Regierung Einfluss haben. Dass diese Regierung kollaborierend mit den USA sich gegen den Widerstand stellt, ist die Bedingung ihrer Existenz. Es ist nicht zu erwarten, dass diese Situation vom Iran und von den Widerstand leistenden Schiiten gutgeheißen wird.
Hauptsächliche Entwicklungen könnten sein: Diskussionen über Scheriat-Laizismus in der Verfassung; die Frage von Kerkuk und Aufteilung des Öleinkommens; Verteilung der Positionen in Staat und Regierung; bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen den an den Wahlen nicht teilnehmenden Sunniten und Schiiten.
Der Irak kann libanonisiert werden. Im Irak werden die Feindschaften und das Misstrauen, die auf den nationalen, ethnischen und religiösen Widersprüchen basieren, größer.
Das Volk von Südkurdistan hat einige Positionen erlangen können. Aber die Zukunft dieser Rechte ist ungewiss. Wenn die USA abziehen würden, wird Südkurdistan (Irakisch-Kurdistan) Angriffsziel der Türkei, des Iran, von Syrien und der Schiiten im Irak. Denn die Kurdenfrage ist eine Frage des Mittleren Ostens. Und sie ist gleichzeitig eine Ölfrage.
Während der Besatzung wurden die Kurden leider nach Israel der engste Verbündete der USA im Mittleren Osten. Diese Situation verursacht bei den regionalen Völkern Empörung. Und in der Region werden die Widersprüche zwischen den Kurden und Arabern, den Kurden und Iranern, den Kurden und Türken tiefer.
Bei den Beratungen über die neue Regierung könnten die KDP und PUK darauf bestehen, dass die Peschmerges in Südkurdistan bleiben. Denn die Kurden sehen in den über Hunderttausend Soldaten, Polizisten und Peschmerges die Sicherheit.
Die kurdische Nation, die durch die Unterstützung der Imperialisten im Mittleren Osten vom Iran, der Türkei, vom Irak und Syrien kolonisiert wurde, drückte immer ihren Wunsch und ihre Forderung auf einen eigenen Staat aus. Dieser Wunsch nach einem vereinigten Kurdistan verursacht bei den herrschenden Koloniastaaten große Angst. Deswegen würden die Kolonialstaaten nicht zögern, sich nicht nur in die nationale Entwicklung "ihrer" Kurden, sondern auch in die der Kurden der anderen Teile einzumischen. Aus diesem Grund ist die Feindesfront der Kurden im Mittleren Osten ziemlich breit.
Das Talabani-Barzani-Bündnis hat "das Recht auf Staatsgründung" und "Selbstbestimmungsrecht" sich auf die Kollaboration mit den USA stützend zuungunsten der Interessen der Völker der Region erlangt. Südkurdistan wird im Schatten der Besatzung der USA für die anderen Teile Kurdistans ein "Anziehungszent-rum". Sowohl aufgrund der Staatsgründung als auch aufgrund des Ölanteils wird es andere Teile beeinflussen.
Die Angst der kolonialistischen Staaten Iran, Türkei und Syrien besteht in der Anziehung durch das relative ökonomische Wohlstandniveau dieser gelenkten "Staatsgründung". Dem schließt sich auch Kongra-Gel (PKK) an und zeigt somit ihre nationale Borniertheit. Er be-wertet das Ergebnis der Wahlen als eine "historische Chance" zur Staatsgründung und schließt die Augen vor der imperialistischen Besatzung und Aggression.
Auf diese Weise wird die "Legalisierungs-"bestrebung der Besatzung und der Aggression von Seiten der PKK als ein Schritt für "den Aufbau des freiheitlich-demokratischen Irak" angesehen.
Jetzt ist das Schicksal der irakischen Völker noch enger miteinander verbunden. Die Tatsache der Besatzung und der gelenkte Wille können keine Befreiung für die Völker sein.
Die Befreiung und Brüderlichkeit der Völker im Irak und im Mittleren Osten wird durch die Organisierung und Entwicklung des vereinigten regionalen antiimperialistischen Kampfes erreicht. Die heutige konkrete Aufgabe besteht in der Gründung von regionalen Koordinationen des antiimperialistischen Kampfes und in der Unterstützung des Widerstandes in Irak und Palästina.
Deshalb, vorwärts für eine noch kräftigere und organisiertere Beteiligung an den Aktionen anlässlich des Jahrestages der Besatzung am 20. März!
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