Die Reorganisation der Contraguerilla und die Ergenekon-Operation
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Die Aufgabe der kommunistischen, revolutionären, fortschrittlichen und kurdisch-patriotischen Kräfte besteht darin, diese Entwicklungen zu nutzen, um die Initiative der Massen, den Contraguerillastaat und die putschistischen Generäle zur Rechenschaft zu ziehen.

01. August 2008 / Internationales Bulletin / Nr. 72 

Der Ergenekon-Prozess, der seit Monaten im Zentrum der Politik der türkischen Bourgeoisie steht, ist im vergangenen Monat in eine neue Phase eingetreten.
Zwei der pensionierten Putschistengeneräle, Hursit Tolon und Sener Eruygar, wurden zusammen mit vielen weiteren Persönlichkeiten aus den Bereichen Medien, Kapital, Polizei, rassistisch-faschistische Parteien etc. verhaftet und inhaftiert. Des Weiteren wurde die Anklageschrift im Ergenekon-Fall bekannt gegeben. Entgegen der Erwartungen enthält die Anklageschrift keine Putschanschuldigen, die vorher breit in der bürgerlichen Presse diskutiert wurden. Dies zeigt, wie überaus begrenzt die Ergenekon-Operation ist, die das Regime gegen seine eigenen Contraguerilla-Kräfte geführt hat.
Die Ergenekon-Operation ist eine auf vielfältigen historischen, aktuellen, nationalen und internationalen Gründen beruhende Operation des Regimes zur Reorganisierung der Contraguerilla. Diese Operation und jeder Schritt des Regimes von der Bodenoperation und den Luftangriffen in Südkurdistan bis zu dem Verbotsverfahren gegen die AKP hängen alle eng mit den Plänen der USA und der anderen imperialistischen Kräfte bezüglich des Mittleren Ostens und der Rolle, die sie der Türkei in diesem Rahmen zugedacht haben zusammen.
Nachdem das Projekt des Größeren Mittleren Ostens des US-Imperialismus nach den Misserfolgen im Irak und in Afghanistan gescheitert war, änderte der US-Imperialismus seine Politik bezüglich der Region. Die Tatsache, dass die USA sich im Mittleren Osten schwer tun und keinen Erfolg haben bedeutet, dass sie sich weltweit schwer tun und ihre Rolle als Weltgendarm verlieren. Dies ist sowohl für die Imperialisten als auch für die Unterdrückten der Welt eine neue Situation, aber beide Seiten sind darauf zu diesem Zeitpunkt nicht vorbereitet. So verschärft die Widersprüche zwischen den Imperialisten auch sein mögen, keine einzige imperialistische Macht, eingeschlossen China und Russland will, dass die USA im Irak eine Niederlage erfahren. Der Grund dafür ist, dass es ihnen noch nicht gelungen ist ein Beziehungssystem, welches die Rolle des US-Imperialismus ersetzt und ein Kräfteverhältnis, welches entschlossenere Schritte ermöglicht zu schaffen. Angesichts dieser Situation haben die USA eine Politik zur Aufrechterhaltung des Status quo im Mittleren Osten und allem voran der Erhaltung der Einheit des Irak entwickelt und begonnen, ihre Beziehungen mit der Türkei, den Kurden in Südkurdistan, mit dem Iran, mit Syrien und den anderen Staaten der Region in dieser Hinsicht umzugestalten. Sie haben die Angriffspläne gegen den Iran fürs erste zurückgezogen und den Staatsbildungsprozess in Südkurdistan gezügelt. Bezüglich der Liquidierung der PKK, die ein wichtiges Hindernis für die Aufrechterhaltung des Status quo im Mittleren Osten darstellt, haben sie neue Schritte unternommen.
Die türkische Bourgeoisie wurde in diese Orientierungen der USA integriert. Auf dem Treffen des Generalstabschefs Büyükanit mit dem Premierminister Erdogan am 4. Mai 2007 in Dolmabahce und dem Treffen von Erdogan mit Bush am 05. November 2007 wurde ein Konzept ausgearbeitet. Der Generalstab und die Regierung, zwischen denen eine tiefe Kluft liegt und die Konflikte untereinander haben, haben sich auf die US-Linie geeinigt. Die PKK und die Guerilla stehen am äußersten Rand dieses Konzeptes. Das Hauptziel besteht in der Aufrechterhaltung des Status quo im Mittleren Osten. Die Herrschenden der Türkei wollen sich auf einer neuen Stufe organisieren, um den Status quo im Mittleren Osten nicht zu zerstören. Die türkische Bourgeoise hat sich auch dem US-Plan zur Aufrechterhaltung des Status quo im Mittleren Osten angeschlossen, aber dafür ist es unvermeidlich, dass sie ihre eigenen Kräfte neu organisiert.
Man muss die Ergenekon-Operation im Zusammenhang mit diesem Erfordernis der Reorganisierung verstehen. Die Ergenekon-Operation ist eine Restrukturierungsoperation des Regimes, um die Elemente der Organisationen der Contraguerilla, die von der aktuellen Linie abgewichen sind, zu reorganisieren und die Elemente, über die das Regimes die Kontrolle verloren hat, als die Contraguerilla stärker und breiter wurde, wieder unter Kontrolle zu bringen. Und selbstverständlich ist nicht der Hauptapparat der Contraguerilla im Visier, sondern einige entlarvte Elemente. Die Ergenekon-Operation hat sich ausgeweitet und auch Generäle wie Veli Kücük, Hursit Tolon und Sener Eruygur erfasst.
Die Contraguerilla wurde in der Zeit organisiert, als die Türkei Mitglied der NATO wurde und wurde zu einem grundlegenden Bestandteil der Organisation des Staates. Heute allerdings ist sie zu einer Organisation geworden, die nicht länger zentral, begrenzt und geheim ist, sondern auch auf lokaler Ebene in Städten und Vierteln organisiert ist. Ihr aktueller Hauptapparat ist innerhalb der türkischen Armee organisiert und das Zentrum bilden die offiziellen Organisationen, die der Armee angegliedert sind, so wie die Kriegssonderabteilung und die Kommandantur der Spezialeinheiten. Die Organisation Ergenekon beschränkt sich nicht nur auf die inhaftierten Generäle und einige Persönlichkeiten aus den Bereichen Militär, zivile Bürokratie, Medien, Kapital und rassistisch-faschistische Parteien.
In gewisser Hinsicht erinnert die Situation an Susurluk und die Zeit vom 28. Februar. In dieser Zeit wurden die Elemente der Contraguerilla innerhalb der Polizei, die über die Stränge geschlagen hatten, wieder auf Linie gebracht. Heute wird ein noch viel breiterer und größerer Teil, in erster Linie die Soldaten, die den Hauptapparat der Contraguerilla bilden, wieder auf Linie gebracht. Nichtsdestotrotz war der Haupttrend in beiden Situationen, dass die Kräfte, die aufgedeckt und entlarvt worden waren im Visier waren und die offiziellen Beziehungen der Contraguerilla kamen nie auf die Tagesordnung.
Da dies eine Operation ist, über die die AKP und die Front der Armee und der Generale, zwischen denen eine tiefe Kluft liegt und die untereinander einen Interessenskonflikt haben, sich geeinigt haben, findet sie vollkommen unter Kontrolle statt. Aufgrund der tiefen Regimekrise der Bourgeoise und der Tatsache, dass die Contraguerilla faktisch der Staat und das Regime selbst ist wären das Regime und seine beiden Fronten sowieso nicht in der Lage, irgendeine unkontrollierte Entwicklung zuzulassen. Obwohl die bürgerlichen Medien und die von der AKP angeführten bürgerlich-liberalen versuchen, die Ergenekon-Operation als einen großen Schritt in Richtung Demokratie und die Liquidierung der Contraguerilla darzustellen ist es vollkommen klar, dass diese Operation, die von den beiden Hauptkräften des Regimes, der AKP und dem Generalstab, ausgeführt wurde, auf einige bestimmte Gruppen beschränkt sein wird.
In diesem Kompromiss sitzt die AKP-Regierung fester im Sattel, da sie in kritischen Momenten wie bei dem Memorandum vom 27. April und den vorgezogenen allgemeinen Wahlen eine Überlegenheit über die Front der Generale erlangt hat und so nutzt sie die Ergenekon-Prozesse, um diese Initiative zu stärken.
Die Tatsache, dass der Ergenekon-Fall selbst auf einige Persönlichkeiten vom Militär ausgeweitet wurde, auch wenn es sich nur um pensionierte Generale handelt, das in einem gewissen Maße behauptet wird, dass eine Verbindung der türkischen Armee, deren Privilegien nie angerührt wurden und deren Straflosigkeit nie in Frage gestellt wurde mit diesem Fall besteht zeigt, wie stark das Bedürfnis des Regimes nach einer Restrukturierung ist und in gewisser Hinsicht schadet es der erwähnten Stellung der türkischen Armee.
Viele Entwicklungen wie die nationale kurdische Bewegung und die Tatsache, dass sich deutlich gezeigt hat, dass dieser Kampf nicht mit militärischen Mitteln besiegt werden kann, der Aufstieg des politischen Islams, die Entwicklungen die dazu zwingen, sich mit dem armenischen Völkermord auseinanderzusetzen, die Zypernfrage und der Druck der Imperialisten bei diesem Thema, der Prozess und die Gesetze der EU-Integration haben die traditionelle Handlungsweise des Regimes Scheitern lassen. Das Kräfteverhältnis hat sich nach dem Kalten Krieg geändert und die Tatsache, dass der türkische Staat eine Stellung erringen und sich selbst in Übereinstimmung mit dieser neuen Rolle restrukturieren muss, hat die Situation noch schwieriger gemacht. Schließlich hat sich die Notwendigkeit der Restrukturierung noch stärker gezeigt. Verschiedene Gruppen der türkischen Bourgeoisie haben unterschiedlich auf diese Entwicklung reagiert, es entstanden zwei verschiedene Fronten, die Front der Armee und der Generale auf der einen Seite und die von der AKP und der Kapitaloligarchie repräsentierten Gruppen auf der anderen Seite und zwei Programme wurden entwickelt. Beide Fronten haben keine grundlegenden Differenzen von der Haltung der Imperialisten, die Armee will diese Restrukturierungsphase jedoch so abschließen, dass sie ihren momentanen Status quo aufrechterhält, während die andere Front mehr Kontrolle über die politische Macht anstrebt. Aus diesem Grund gibt es einen intensiven Machtkampf an der Spitze des Regimes. Diese Krise des Regimes und der Reorganisierungsprozess der Kräfteverhältnisse innerhalb des Regimes, die Phase der Kluft und Polarisierung in allen Bereichen, von den Medien bis hin zu den Organisationen des Kapitals, von den Rechtsinstitutionen bis zu der Polizei, vom Parlament bis zu den Universitäten, sind die grundlegenden Tatsachen, die die Ergenekon-Operation absolut notwendig machen und ihren Verlauf beeinflussen/bestimmen. Die AKP, die Kraft, die treu die Pläne des US-Imperialismus in der Region umsetzt, die die neoliberalen Kahlschlagpläne ausarbeitet und die der Feind der Arbeiterklasse und der Werktätigen ist, versucht von dieser Operation zu profitieren, die die Liquidierung eines Teils der Contraguerilla, der entlarvt wurde, bedeutet und will ihre Initiative ausweiten und die demokratische Öffentlichkeit mit ihren antiputschistischen Äußerungen auf ihre Seite bringen. Die Front des Generalstabs dagegen versucht sich dieser außer Kontrolle geratenen, vergiftenden Elemente zu entledigen.
Die Aufgabe der kommunistischen, revolutionären, fortschrittlichen und kurdisch-patriotischen Kräfte besteht darin, diese Entwicklungen zu nutzen, um die Initiative der Massen, den Contraguerillastaat und die putschistischen Generäle zur Rechenschaft zu ziehen. Die antiputschistische Sensibilität, die sich in den letzten Jahren in der öffentlichen Meinung entwickelt hat und die im Zusammenhang mit dem Fordern nach dem zur Rechenschaft ziehen der Contraguerilla am Jahrestag des Massakers vom 1. Mai 1977, dem Mord an Hrant Dink und der danach entstandenen Massenmobilisierung, den Aktionen am Jahrestag des faschistischen Militärputsches vom 12. September 1980 und vielen weiteren Kämpfen zugenommen hat zeigt, dass dies absolut möglich und nötig ist.


 

 

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01. August 2008 / Internationales Bulletin / Nr. 72 

Der Ergenekon-Prozess, der seit Monaten im Zentrum der Politik der türkischen Bourgeoisie steht, ist im vergangenen Monat in eine neue Phase eingetreten.
Zwei der pensionierten Putschistengeneräle, Hursit Tolon und Sener Eruygar, wurden zusammen mit vielen weiteren Persönlichkeiten aus den Bereichen Medien, Kapital, Polizei, rassistisch-faschistische Parteien etc. verhaftet und inhaftiert. Des Weiteren wurde die Anklageschrift im Ergenekon-Fall bekannt gegeben. Entgegen der Erwartungen enthält die Anklageschrift keine Putschanschuldigen, die vorher breit in der bürgerlichen Presse diskutiert wurden. Dies zeigt, wie überaus begrenzt die Ergenekon-Operation ist, die das Regime gegen seine eigenen Contraguerilla-Kräfte geführt hat.
Die Ergenekon-Operation ist eine auf vielfältigen historischen, aktuellen, nationalen und internationalen Gründen beruhende Operation des Regimes zur Reorganisierung der Contraguerilla. Diese Operation und jeder Schritt des Regimes von der Bodenoperation und den Luftangriffen in Südkurdistan bis zu dem Verbotsverfahren gegen die AKP hängen alle eng mit den Plänen der USA und der anderen imperialistischen Kräfte bezüglich des Mittleren Ostens und der Rolle, die sie der Türkei in diesem Rahmen zugedacht haben zusammen.
Nachdem das Projekt des Größeren Mittleren Ostens des US-Imperialismus nach den Misserfolgen im Irak und in Afghanistan gescheitert war, änderte der US-Imperialismus seine Politik bezüglich der Region. Die Tatsache, dass die USA sich im Mittleren Osten schwer tun und keinen Erfolg haben bedeutet, dass sie sich weltweit schwer tun und ihre Rolle als Weltgendarm verlieren. Dies ist sowohl für die Imperialisten als auch für die Unterdrückten der Welt eine neue Situation, aber beide Seiten sind darauf zu diesem Zeitpunkt nicht vorbereitet. So verschärft die Widersprüche zwischen den Imperialisten auch sein mögen, keine einzige imperialistische Macht, eingeschlossen China und Russland will, dass die USA im Irak eine Niederlage erfahren. Der Grund dafür ist, dass es ihnen noch nicht gelungen ist ein Beziehungssystem, welches die Rolle des US-Imperialismus ersetzt und ein Kräfteverhältnis, welches entschlossenere Schritte ermöglicht zu schaffen. Angesichts dieser Situation haben die USA eine Politik zur Aufrechterhaltung des Status quo im Mittleren Osten und allem voran der Erhaltung der Einheit des Irak entwickelt und begonnen, ihre Beziehungen mit der Türkei, den Kurden in Südkurdistan, mit dem Iran, mit Syrien und den anderen Staaten der Region in dieser Hinsicht umzugestalten. Sie haben die Angriffspläne gegen den Iran fürs erste zurückgezogen und den Staatsbildungsprozess in Südkurdistan gezügelt. Bezüglich der Liquidierung der PKK, die ein wichtiges Hindernis für die Aufrechterhaltung des Status quo im Mittleren Osten darstellt, haben sie neue Schritte unternommen.
Die türkische Bourgeoisie wurde in diese Orientierungen der USA integriert. Auf dem Treffen des Generalstabschefs Büyükanit mit dem Premierminister Erdogan am 4. Mai 2007 in Dolmabahce und dem Treffen von Erdogan mit Bush am 05. November 2007 wurde ein Konzept ausgearbeitet. Der Generalstab und die Regierung, zwischen denen eine tiefe Kluft liegt und die Konflikte untereinander haben, haben sich auf die US-Linie geeinigt. Die PKK und die Guerilla stehen am äußersten Rand dieses Konzeptes. Das Hauptziel besteht in der Aufrechterhaltung des Status quo im Mittleren Osten. Die Herrschenden der Türkei wollen sich auf einer neuen Stufe organisieren, um den Status quo im Mittleren Osten nicht zu zerstören. Die türkische Bourgeoise hat sich auch dem US-Plan zur Aufrechterhaltung des Status quo im Mittleren Osten angeschlossen, aber dafür ist es unvermeidlich, dass sie ihre eigenen Kräfte neu organisiert.
Man muss die Ergenekon-Operation im Zusammenhang mit diesem Erfordernis der Reorganisierung verstehen. Die Ergenekon-Operation ist eine Restrukturierungsoperation des Regimes, um die Elemente der Organisationen der Contraguerilla, die von der aktuellen Linie abgewichen sind, zu reorganisieren und die Elemente, über die das Regimes die Kontrolle verloren hat, als die Contraguerilla stärker und breiter wurde, wieder unter Kontrolle zu bringen. Und selbstverständlich ist nicht der Hauptapparat der Contraguerilla im Visier, sondern einige entlarvte Elemente. Die Ergenekon-Operation hat sich ausgeweitet und auch Generäle wie Veli Kücük, Hursit Tolon und Sener Eruygur erfasst.
Die Contraguerilla wurde in der Zeit organisiert, als die Türkei Mitglied der NATO wurde und wurde zu einem grundlegenden Bestandteil der Organisation des Staates. Heute allerdings ist sie zu einer Organisation geworden, die nicht länger zentral, begrenzt und geheim ist, sondern auch auf lokaler Ebene in Städten und Vierteln organisiert ist. Ihr aktueller Hauptapparat ist innerhalb der türkischen Armee organisiert und das Zentrum bilden die offiziellen Organisationen, die der Armee angegliedert sind, so wie die Kriegssonderabteilung und die Kommandantur der Spezialeinheiten. Die Organisation Ergenekon beschränkt sich nicht nur auf die inhaftierten Generäle und einige Persönlichkeiten aus den Bereichen Militär, zivile Bürokratie, Medien, Kapital und rassistisch-faschistische Parteien.
In gewisser Hinsicht erinnert die Situation an Susurluk und die Zeit vom 28. Februar. In dieser Zeit wurden die Elemente der Contraguerilla innerhalb der Polizei, die über die Stränge geschlagen hatten, wieder auf Linie gebracht. Heute wird ein noch viel breiterer und größerer Teil, in erster Linie die Soldaten, die den Hauptapparat der Contraguerilla bilden, wieder auf Linie gebracht. Nichtsdestotrotz war der Haupttrend in beiden Situationen, dass die Kräfte, die aufgedeckt und entlarvt worden waren im Visier waren und die offiziellen Beziehungen der Contraguerilla kamen nie auf die Tagesordnung.
Da dies eine Operation ist, über die die AKP und die Front der Armee und der Generale, zwischen denen eine tiefe Kluft liegt und die untereinander einen Interessenskonflikt haben, sich geeinigt haben, findet sie vollkommen unter Kontrolle statt. Aufgrund der tiefen Regimekrise der Bourgeoise und der Tatsache, dass die Contraguerilla faktisch der Staat und das Regime selbst ist wären das Regime und seine beiden Fronten sowieso nicht in der Lage, irgendeine unkontrollierte Entwicklung zuzulassen. Obwohl die bürgerlichen Medien und die von der AKP angeführten bürgerlich-liberalen versuchen, die Ergenekon-Operation als einen großen Schritt in Richtung Demokratie und die Liquidierung der Contraguerilla darzustellen ist es vollkommen klar, dass diese Operation, die von den beiden Hauptkräften des Regimes, der AKP und dem Generalstab, ausgeführt wurde, auf einige bestimmte Gruppen beschränkt sein wird.
In diesem Kompromiss sitzt die AKP-Regierung fester im Sattel, da sie in kritischen Momenten wie bei dem Memorandum vom 27. April und den vorgezogenen allgemeinen Wahlen eine Überlegenheit über die Front der Generale erlangt hat und so nutzt sie die Ergenekon-Prozesse, um diese Initiative zu stärken.
Die Tatsache, dass der Ergenekon-Fall selbst auf einige Persönlichkeiten vom Militär ausgeweitet wurde, auch wenn es sich nur um pensionierte Generale handelt, das in einem gewissen Maße behauptet wird, dass eine Verbindung der türkischen Armee, deren Privilegien nie angerührt wurden und deren Straflosigkeit nie in Frage gestellt wurde mit diesem Fall besteht zeigt, wie stark das Bedürfnis des Regimes nach einer Restrukturierung ist und in gewisser Hinsicht schadet es der erwähnten Stellung der türkischen Armee.
Viele Entwicklungen wie die nationale kurdische Bewegung und die Tatsache, dass sich deutlich gezeigt hat, dass dieser Kampf nicht mit militärischen Mitteln besiegt werden kann, der Aufstieg des politischen Islams, die Entwicklungen die dazu zwingen, sich mit dem armenischen Völkermord auseinanderzusetzen, die Zypernfrage und der Druck der Imperialisten bei diesem Thema, der Prozess und die Gesetze der EU-Integration haben die traditionelle Handlungsweise des Regimes Scheitern lassen. Das Kräfteverhältnis hat sich nach dem Kalten Krieg geändert und die Tatsache, dass der türkische Staat eine Stellung erringen und sich selbst in Übereinstimmung mit dieser neuen Rolle restrukturieren muss, hat die Situation noch schwieriger gemacht. Schließlich hat sich die Notwendigkeit der Restrukturierung noch stärker gezeigt. Verschiedene Gruppen der türkischen Bourgeoisie haben unterschiedlich auf diese Entwicklung reagiert, es entstanden zwei verschiedene Fronten, die Front der Armee und der Generale auf der einen Seite und die von der AKP und der Kapitaloligarchie repräsentierten Gruppen auf der anderen Seite und zwei Programme wurden entwickelt. Beide Fronten haben keine grundlegenden Differenzen von der Haltung der Imperialisten, die Armee will diese Restrukturierungsphase jedoch so abschließen, dass sie ihren momentanen Status quo aufrechterhält, während die andere Front mehr Kontrolle über die politische Macht anstrebt. Aus diesem Grund gibt es einen intensiven Machtkampf an der Spitze des Regimes. Diese Krise des Regimes und der Reorganisierungsprozess der Kräfteverhältnisse innerhalb des Regimes, die Phase der Kluft und Polarisierung in allen Bereichen, von den Medien bis hin zu den Organisationen des Kapitals, von den Rechtsinstitutionen bis zu der Polizei, vom Parlament bis zu den Universitäten, sind die grundlegenden Tatsachen, die die Ergenekon-Operation absolut notwendig machen und ihren Verlauf beeinflussen/bestimmen. Die AKP, die Kraft, die treu die Pläne des US-Imperialismus in der Region umsetzt, die die neoliberalen Kahlschlagpläne ausarbeitet und die der Feind der Arbeiterklasse und der Werktätigen ist, versucht von dieser Operation zu profitieren, die die Liquidierung eines Teils der Contraguerilla, der entlarvt wurde, bedeutet und will ihre Initiative ausweiten und die demokratische Öffentlichkeit mit ihren antiputschistischen Äußerungen auf ihre Seite bringen. Die Front des Generalstabs dagegen versucht sich dieser außer Kontrolle geratenen, vergiftenden Elemente zu entledigen.
Die Aufgabe der kommunistischen, revolutionären, fortschrittlichen und kurdisch-patriotischen Kräfte besteht darin, diese Entwicklungen zu nutzen, um die Initiative der Massen, den Contraguerillastaat und die putschistischen Generäle zur Rechenschaft zu ziehen. Die antiputschistische Sensibilität, die sich in den letzten Jahren in der öffentlichen Meinung entwickelt hat und die im Zusammenhang mit dem Fordern nach dem zur Rechenschaft ziehen der Contraguerilla am Jahrestag des Massakers vom 1. Mai 1977, dem Mord an Hrant Dink und der danach entstandenen Massenmobilisierung, den Aktionen am Jahrestag des faschistischen Militärputsches vom 12. September 1980 und vielen weiteren Kämpfen zugenommen hat zeigt, dass dies absolut möglich und nötig ist.