Internationales Bulletin / Nummer 92 Der Eisenbahntunnel, der unter dem Istanbuler Bosporus gebaut werden soll und ein auf der Welt seltenes Projekt ist, ist zu einem bedeutenden Reklameobjekt der Regierung geworden. Die Arbeiter von der Baustelle des Marmaray Projektes jedoch führen aufgrund schlechter Arbeitsbedingungen einen der wichtigsten Arbeitskämpfe seit Monaten. Die Arbeiter, die für äußerst niedrige Löhne und unter gesundheitsschädlichen Bedingungen arbeiten, seit Jahren keine Lohnerhöhung erhalten haben und deren Versicherungsbeiträge vom Arbeitgeber nicht eingezahlt werden, haben schon zuvor mehrfach aus Protest die Arbeit niedergelegt.{divide} Die bei dem Subunternehmen Polat Deniz Insaat beschäftigten Marmaray Arbeiter befinden sich seit dem 16. Januar 2010 im Arbeitskampf für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und einen Lohn, von dem man menschenwürdig leben kann. Am 04. März haben die Arbeiter die Baustelle in Istanbul Yenikapi besetzt. Die Besetzung wurde von 40 Arbeitern durchgeführt, während der Istanbuler Bürgermeister Kadir Topbas eine Kontrolle auf der Baustelle durchführte. Die Arbeiter, die die Baustelle besetzten riefen Parolen wie „Die Marmaray Arbeiter sind keine Sklaven" und „Es kommt der Tag, dann ändern sich die Zeiten und die Arbeitern werden mit den Chefs abrechnen". Aufgrund der Aktionen der Arbeiter waren die Chefs gezwungen, Gesprächen mit den Arbeitern zuzustimmen, 60 Arbeiter wieder einzustellen, denen gekündigt worden war sowie zahlreiche weitere Forderungen zu akzeptieren. Da das von den Arbeitern gewünschte Abkommen am 12. März nicht unterzeichnet wurde besetzten diese am 17 März erneut die Baustelle. Aufgrund der zweiten Besetzung, bei der über 30 Arbeiter ein Transparent mit der Aufschrift „Wir leisten Widerstand für unsere Arbeit und unsere Rechte" entrollten, versprachen die Chefs erneut Verhandlungen zu führen. Am 24. März begann vor dem Arbeitsgericht in Sirkeci das Verfahren für die Wiedereinstellung der Arbeiter, die vor dem Gericht eine Aktion durchführten. Das Gericht vertagte sich auf den 28. Mai. Die Marmaray Arbeiter folgen dem Weg der TEKEL Arbeiter. Die gegenseitig Solidarität und die gemeinsamen Aktionen der Arbeiter verleihen dem Marmaray Widerstand Kraft. Der Mitte Dezember begonnene Widerstand der TEKEL Arbeiter hat der Arbeiterbewegung sehr bedeutende Erfahrungen beschert, die Klassenbewegung ins Zentrum der politischen Tagesordnung des Landes gebracht, die traditionellen gelben Gewerkschaften extrem unter Druck gesetzt und breite gesellschaftliche Schichten um sich gesammelt und wurde so zu einem sehr wichtigem Kampf. Der TEKEL Widerstand hat auch andere Arbeitskämpfe aufleben lassen. Die Tatsache, dass der Marmaray Widerstand sich unter dem starken Einfluss des TEKEL Widerstandes entwickelt ist ebenfalls äußerst bedeutungsvoll. Die Praxis der Solidarität, die die Marmaray Arbeiter von TEKEL übernommen haben, erregt ebenfalls Aufmerksamkeit. Die Arbeiter haben den ATV-Sabah Arbeitern, die seit über einem Jahr Widerstand leisten, einen Solidaritätsbesuch abgestattet. Die Marmaray Arbeiter sind auf Kundgebungen und Demonstrationen zu zahlreichen gesellschaftlichen Problemen vertreten. Der Solidaritätsbesuch, den die Marmaray Arbeiter den TEKEL Arbeitern abgestattet haben symbolisiert einen Höhepunkt der Kontinuität, den die Arbeiterbewegung seit Jahren nicht erreicht hatte. Auch die TEKEL Arbeiter haben ein Beispiel der Solidarität ohnegleichen an den Tag gelegt, indem sie von verschiedenen Kampfbereichen als Ausdruck der Solidarität gesammelte Spenden mit den Marmaray Arbeitern teilten. Die Arbeiterbewegung, die die Bedeutung der gegenseitigen Solidarität erfasst hat, ist sich auch bewusst, dass die Chefs sie von Klassengewerkschaften wie Tekstil-Sen, die ihnen den wahren Weg der Befreiung zeigen, trennen wollen. Die Marmaray Arbeiter haben gesagt „Tekstil-Sen vertritt unseren Willen" und klar somit gemacht, dass sie nur in Gegenwart der Gewerkschaft zu Verhandlungen mit den Chefs bereit sind. Der von TEKEL zum Marmaray Widerstand führende Weg weist in eine äußerst erfreuliche und Hoffnung gebende Richtung der Entwicklung der Arbeiterbewegung unter den zerstörerischen Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise.
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