Der 30. Jahrestag muss das Jahr der politischen und sozialen Auseinandersetzung und der Abrechnung werden. Fordern wir am 12. September all jene und alles zurück, die und was wir verloren haben. Fordern wir am 12. September Rechenschaft für alle, die verschwunden sind. September 2010 / Internationales Bulletin / Nr. 97 Seit dem Putsch der faschistischen Militärjunta am 12. September 1980 sind 30 Jahre vergangen. Der faschistische Militärputsch vom 12. September wurde organisiert, um dem sich entwickelnden, als organisierte Kraft die ganze Gesellschaft organisierenden Klassenkampf einen Riegel vorzuschieben und die fortschrittliche, kurdisch patriotische, revolutionäre und kommunistische Bewegung zu zerschlagen. Es war das Ziel, eine stumme, taube und blinde Gesellschaft zu schaffen. In einer Zeit, in der die herrschenden Klassen sich schwertaten, mit den alten Methoden weiter zu herrschen, die Klassenwidersprüche sich zugespitzt hatten, die Massen der beherrschten Arbeiter und Werktätigen nicht länger beherrscht werden wollten, die klassenmäßige und gesellschaftliche Unzufriedenheit sich auf der Straße organisierte, die revolutionären Alternativen sich bemerkbar machten und die antifaschistische Bewegung einen Aufschwung erlebte, riss die im Pentagon vorbereitet und geplante faschistische Militärjunta am 12. September die Macht an sich. Wie die Militärputsche vom 27. Mai und vom 12. März, so war auch der 12. September ein amerikanischer Militärputsch. Das zeigt sich deutlich anhand der Tatsache, dass noch bevor die Durchführung des Putsches öffentlich bekannt gegeben wurde die Nachricht „unsere Jungs haben einen guten Job gemacht" vom US-Botschafter an das Pentagon übermittelt wurde. Große Teile der herrschenden Klasse haben den Putsch unterstützt. Zur Durchsetzung der vom IWF diktierten 24. Januar Beschlüsse, die zwar auf der Tagesordnung standen, von der Arbeiterklasse und den Werktätigen jedoch nicht akzeptiert wurden, brauchten sie einen solchen Putsch. Der TÜSIAD Vertreter Halit Narin sagte nach dem Putsch: „Jetzt ist die Reihe zu lachen an uns" und machte so den Klassencharakter des Putsches und für wen er durchgeführt wurde deutlich. Turgut Özal, der Autor der 24. Januar Beschlüsse hat gesagt: „Wenn es den Putsch nicht gegeben hätte, wären wir nicht in der Lage gewesen, die 24. Januar Beschlüsse umzusetzen." Als das Abkommen mit dem IWF unterzeichnet wurde sagte er: „wenn jemand dieses Abkommen unter anderen Bedingungen unterschreiben würde, wäre er hingerichtet worden" und charakterisierte so die Junta als Vollstrecker der Interessen der herrschenden Klassen. Der soziale Befreiungskampf der Arbeiterklasse und der werktätigen Massen hatte die Herrschenden so sehr in Angst und Schrecken versetzt, dass Kenan Evren, einer der Chefs der Junta, nach dem 12. September Putsch folgende Erklärung abgab: „Wenn wir nicht heute die Macht übernommen hätten, hätten sie heute von hier aus gesprochen" und die Arbeiterklasse und die werktätigen Massen sowie ihre organisierten Kräfte ins Visier aller Angriffe nahm. Die Verfassung wurde außer Kraft gesetzt, das Parlament aufgelöst, sämtliche politische Parteien, Gewerkschaften, Massenorganisationen, fortschrittliche, revolutionäre und sozialistische Presse verboten, ihr Besitz konfisziert, ihre Führer und Mitglieder verhaftet und ins Gefängnis geworfen. Die Führer der bürgerlichen Parteien, die im Parlament vertreten waren, wurden in Zinciribozan inhaftiert, während die Vertreter von demokratischen Massenorganisationen, Mitglieder und Führer, fortschrittliche und kurdische patriotische Kräfte, Revolutionäre und Kommunisten jedoch lange Zeit in Haft gehalten wurden, wobei die gesetzliche Frist 3 Monate betrug, die jedoch nach Bedarf auch aus dem Gefängnis erneut zu Verhören geholt wurden, bei denen systematisch Folter angewendet wurde und anschließend ins Gefängnis gebracht wurden. Die Türkei und Nordkurdistan wurden zu einem „Offenen Gefängnis". Zügellose Folter, Unterdrückung und Tyrannei waren in diesem „Offenem Gefängnis" alltäglich. Offiziellen Angaben zufolge wurden mit dem Putsch vom 12. September 1.680.000 Menschen registriert, 650.000 Menschen verhaftet und gefoltert, 230.000 vor Gericht gebracht und verschiedener Vergehen beschuldigt, 517 Hinrichtungsbefehle wurde ausgestellt, 50 Personen wurden hingerichtet, 171 Menschen starben unter der Folter, 299 Menschen kamen in den Gefängnissen ums Leben, 14 von ihnen infolge von Hungerstreiks, 30.000 Arbeiter, 3584 Lehrer, 120 Dozenten, 47 Richter, insgesamt 3000 Leute aus der Armee, darunter 153 Leutnants, 216 Oberleutnants, 26 Hauptmänner und 2 Oberstleutnants, insgesamt 397 Offiziere, 176 Unteroffiziere und 447 Militärstudenten wurden mit der Begründung, sie seine „bedenklich" entlassen und erhielten Berufsverbot, 14.000 Menschen wurde die türkische Staatsangehörigkeit entzogen, 30.000 mussten als politische Flüchtlinge ins Ausland fliehen, 937 Filme wurden verboten, 39.000 Kilo Zeitungen, Zeitschriften und Bücher wurden in diesen düsteren Tagen vernichtet. Der 12. September brachte auch außergerichtliche Hinrichtungen von „unbekannten Tätern" und Verschwindenlassen unter Haft mit sich. Faruk Tunay war der erste, der von der Junta unter Haft verschwunden gelassen wurde. Ihm folgten Hayrettin Eren, Hüseyin Morsümbül und Nurettin Oztürk. Cüneyt Aydinlar war der erste Verschwundene, der vom Staat offiziell registriert wurde. 17 Revolutionäre und Kommunisten legten große Tapferkeit an den Tag und hielten bei ihrer Hinrichtung die revolutionäre Ehre hoch. Mit all diesen Massakern, Angriffen, Verhaftungen und Gefängnisstrafen, durch Gefängnisse wie am Beispiel Metris, Mamak und Diyarbakir, war der 12. September eine Bewegung, die die Gesellschaft ihr Gedächtnis verlieren lassen sollte, die überall und in jeder Hinsicht einen Einheitstyp schaffen und einen Angstmauer errichten sollte. Mit der Verfassung von 1982 und Institutionen wie dem MGK , YÖK und RTÜK institutionalisierte sich die faschistische Bewegung. Die fortschrittliche, revolutionäre und kommunistische Bewegung wurde unvorbereitet von den Angriffen der faschistischen Militärjunta des 12. September getroffen und erlitt eine große Niederlage. Diese Niederlage war eine Niederlage ohne Widerstand auf der Straße und in der Produktion. Die Bewegung war von den Massen isoliert, ihre Verbindungen mit den Massen waren geschwächt und sie kämpfte um ihr Überleben. Infolge der harten Schläge am 12. September und danach, gelang es zahlreichen fortschrittlichen und revolutionären Gruppen und Organisationen nicht, wieder auf die Beine zu kommen; sie haben ihre Führungskräfte verloren, wurden liquidiert und wurden mit der Änderung der Linie in ideologische, politische Liquidierung gedrängt. Die fortschrittliche, revolutionäre, kurdisch patriotische und kommunistische Bewegung erlitt einen ernsten Verlust an Kadern und Kämpfern und sie verlor ihre Kraft unter den Massen. Obwohl seit dem 12. September 30 Jahre vergangen sind, ist das Niveau bezüglich den Massen Vertrauen geben, Hoffnung sein und Masseneinfluss erreichen, immer noch hinter dem von vor dem 12. September zurück geblieben. Seit der Junta des 12. September 1980 sind 30 Jahre vergangen. Wenn wir nach 30 Jahren zurückblicken sehen wir, dass die Angstmauer, die durch den 12. September errichtet wurde, überwunden ist, die Einheitstypisierung zurückgedrängt wurde, die Stummheit, Taubheit und Blindheit mehr und mehr überwunden wird und ein gesellschaftliches Interesse und Sensibilität für politische und soziale Entwicklungen sich entwickelt haben. Wir sehen, dass es ein Erwachen gibt, ein gesellschaftliches Interesse sich dafür entwickelt, Rechenschaft vom 12. September und allen seinen Institutionen zu fordern. Aber insgesamt betrachtet reicht dass noch nicht aus, um mit dem 12. September abzurechnen. Selbst wenn der eine oder andere Artikel auf diese oder jene Weise geändert wird, die Verfassung von 1982, die das Gesetz des 12. Septembers repräsentiert, genau wie ihre Institutionen wie MGK, YÖK, und RTÜK sind heute immer noch aktuell, daran ändern auch die im Referendum zur Änderung vorgeschlagenen 23 Artikel nichts. Alle vorgenommen Veränderungen bedeuten nicht mehr, als das Makeup aufzufrischen. Kenan Evren und alle anderen Putschisten sind noch immer nicht verurteilt. Und nicht nur die Putschisten müssen zur Rechenschaft gezogen werden, auch für alle Folgen des Putsches muss Rechenschaft gefordert werden. In diesem Sinne sollte am 30. Jahrestag des 12. September politisch und gesellschaftlich Rechenschaft für den 12. September selber und alle seine Folgen gefordert werden. Der 30. Jahrestag muss das Jahr der politischen und sozialen Auseinandersetzung und der Abrechnung werden. Fordern wir am 12. September all jene und alles zurück, die und was wir verloren haben. Fordern wir am 12. September Rechenschaft für alle, die verschwunden sind. Dies sollte das Ziel aller fortschrittlichen, kurdisch patriotischen, revolutionären und kommunistischen Kräfte sein. An diesem gemeinsamen Punkt sollten wir uns zusammentun und den Kampf erhöhen. Das muss uns gelingen. Diese Schwelle müssen wir unbedingt überwinden. Der Weg von der Dunkelheit zum Licht führt daran vorbei. Und dies ist auch der Weg zur Eroberung politischer Freiheiten, zur Stärkung der Schritte zur Demokratisierung mit dem Kampf für demokratischer Rechte und Freiheiten, um den vereinigten Kampf der Arbeiterklasse, der Werktätigen und der Unterdrückten aller Nationen gegen die faschistische Diktatur an die Macht zu bringen und zur Schaffung von Sowjets der Arbeiter und Werktätigen.
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