Ein Blick hinter die „demokratische“ Fassade der AKP
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Dieser kurze Einblick reicht bereits aus, um ein realistisches Bild von den Demokratievorstellungen des bürgerlichen türkischen Staates und seiner AKP -Regierung zu bekommen. Die „Demokratiebestrebungen" der AKP dienen einzig und allein dazu, ihren Machtbereich auszudehnen

 

November 2010 / Internationales Bulletin / Nr. 99 

Die AKP-Regierung versucht nach wie vor, sich sowohl der eigenen Bevölkerung als auch den Völkern des Mittleren Ostens und der weltweiten Öffentlichkeit gegenüber als demokratisch und reformorientiert zu präsentieren. Die „Kurdische Initiative" und die Verfassungsänderungen durch das Referendum vom 12. September sind mit dem Gerede von der Unabhängigkeit der Justiz, der Pressefreiheit und der Abrechnung mit den Putschisten Teil dieser Anstrengungen. Ein Blick auf die Realität in der Türkei zeigt jedoch schnell, dass die Lippenbekenntnisse der AKP nicht zu einer Demokratisierung oder der Zunahme von Rechten und Freiheiten für die Werktätigen und das kurdische Volk geführt haben.
Morde auf offener Straße in Zusammenarbeit von zivilen Faschisten und der Polizei, wie an dem kurdischen Studenten Serzan Kurt, der durch Polizeikugeln in Mugla starb, sind weiterhin auf der Tagesordnung. Zahlreiche Wehrdienstleistende sterben unter unklaren Umständen in den Kasernen, den offiziellen Berichten zufolge „fallen sie unglücklich aus dem Bett" oder schießen sich selber in den Rücken. Diese Vorfälle zeigen mit aller Deutlichkeit, welche Zustände nach wie vor in der Armee herrschen.
In den Gefängnissen gehen die Menschenrechtsverletzungen und die Folter weiter, wie z.B. im Fall von Ender Bulhaz Aktürk, der unter Haft neben zahlreichen Foltermethoden auch dem in Guantanamo angewendeten "Waterboarding" ausgesetzt war. Auch wenn die Todesstrafe offiziell abgeschafft wurde, so läuft der Umgang mit kranken Gefangenen letztendlich auf das gleiche hinaus. Durch Verweigerung von medizinischer Behandlung und der von Ärzten bestätigten notwendigen Freilassung von Todkranken werden die Gefangenen in den Zellen bewusst dem Tod überlassen.
Bezüglich der Pressefreiheit ist zu sagen, dass die Türkei eines der Länder mit den meisten inhaftierten Journalisten ist. Laut einer von Reporter ohne Grenzen vorgelegten Liste über die Pressefreiheit in der Welt 2009 ist die Türkei an Stelle 122 von 175 Ländern und damit im Vergleich zum letzten Jahr um 20 weitere Stellen zurückgefallen. Dem Abgeordneten der BDP Akin Birdal zufolge wurde allein im Jahr 2009 10 Zeitungen 27 Mal verboten, 7 Zeitschriften 15 Mal und die Sendungen eines Fernsehkanals zweimal gestoppt. Die Räumlichkeiten von 16 Presseorganen wurden allein in diesem Jahr durchsucht und der Nachrichtenagentur Firat News zufolge sind über 7000 Internetseiten in der Türkei verboten. Das ist die Realität, die sich hinter den „demokratischen Maßnahmen" der AKP-Regierung verbirgt.
Auch die politische Repression, insbesondere gegen das kurdische Volk wird in der alten Tradition des Leugnens und Vernichtens fortgesetzt. Am 18. Oktober begann in Amed ein offensichtlich politischer Prozess, in dem 152 kurdische Politiker und Menschenrechtsaktivisten angeklagt werden. Es ist das bereits allzu gut bekannte alte Lied: wer sich für die Freiheit und die Rechte des kurdischen Volkes einsetzt wird mit dem Vorwurf des Terrorismus belegt und der Unterstützung/Mitgliedschaft in der PKK beschuldigt. Der so genannte „ KCK Prozess" macht da keine Ausnahme. Aber die Repräsentanten des kurdischen Volkes halten trotz der Ungeheuerlichkeit der Anklagen an ihren gerechtfertigten Forderungen, darunter das Recht auf ihre kurdische Muttersprache fest. Obwohl ihnen dieses Recht vor Gericht offiziell verwehr wird, antworten die 152 Angeklagten, für die insgesamt eine Gefängnisstrafe von weit über 5000 Jahren gefordert wird, auf die Fragen des Gerichts auf Kurdisch. Dieses Beispiel zeigt wieder einmal deutlich, die Mentalität des bürgerlichen türkischen Staates, Kurdisch ist nur im staatlichen kurdischen Fernsehkanal erlaubt, und sonst nirgendwo in der Gesellschaft.
Immer wieder haben das kurdische Volk und seine politischen Vertreter Friedensangebote gemacht, aber die brüderlich ausgestreckte Hand blieb stets in der Luft hängen. So auch als sich am 19. Oktober 2009 dem Aufruf von Abdullah Öcalan folgend eine Friedensgruppe von 34 Leuten aus Kandil und Maxmur auf den Weg machte und in die Türkei kam. Während das kurdische Volk sie zu Hunderttausenden enthusiastisch empfing verhaftete das kolonialistische faschistische Regime die Boten des Friedens, deren Prozess noch immer läuft. Die Forderung der Staatsanwaltschaft nach 15jährigen Haftstrafen ist die Antwort auf das Friedensangebot.
Neben der politischen Unterdrückung geht auch der schmutzige Krieg in Kurdistan weiter. Die HPG veröffentlichten eine Kriegsbilanz für den Oktober 2010: Obwohl die Guerilla einen Waffenstillstand verkündet hatte führte die türkische Armee innerhalb eines Monats 32 Operationen und 30 Angriffen mit schweren Geschützen durch. Seit dem Beginn der Waffenruhe am 13. August bis zum 31. Oktober führte die kolonialistische faschistische Armee der Türkei 82 Bodenoperationen, 128 Angriffe mit schweren Waffen durch und ermordete 29 Guerillakämpfer. Anstatt die demokratischen und nationalen Forderungen des kurdischen Freiheitskampfes ernst zu nehmen werden die Repressionsmaßnahmen verstärkt. Allein in dem Zeitraum vom 13.08-30.09 verhaftete die Polizei mindestens 610 Personen bei Hausdurchsuchungen und dieser Trend geht auch jetzt ungebrochen weiter. Obwohl die PKK den Waffenstillstand bis zu den Wahlen 2011 verlängert hat, wurden nach der Bekanntgabe dieses Beschlusses erneut zahlreiche Dörfer in Nord- und Südkurdistan bombardiert und die Operationen dauern am Boden und aus der Luft an, wobei im Visier auch die Zivilbevölkerung der Dörfer steht.
Dieser kurze Einblick reicht bereits aus, um ein realistisches Bild von den Demokratievorstellungen des bürgerlichen türkischen Staates und seiner AKP-Regierung zu bekommen. Die „Demokratiebestrebungen" der AKP dienen einzig und allein dazu, ihren Machtbereich auszudehnen. Es handelt sich um einen Machtkampf innerhalb der Bourgeoisie, in dem die Völker der Türkei und Kurdistans nichts zu gewinnen haben. Die Beine der Demokratielüge werden immer kürzer und die reale Situation immer offensichtlicher. Die Arbeiterklasse, die Werktätigen, das kurdische Volk und alle Unterdrückten sehen von Tag zu Tag deutlicher das wahre Gesicht der Regimepartei AKP.

 

 

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Dieser kurze Einblick reicht bereits aus, um ein realistisches Bild von den Demokratievorstellungen des bürgerlichen türkischen Staates und seiner AKP -Regierung zu bekommen. Die „Demokratiebestrebungen" der AKP dienen einzig und allein dazu, ihren Machtbereich auszudehnen

 

November 2010 / Internationales Bulletin / Nr. 99 

Die AKP-Regierung versucht nach wie vor, sich sowohl der eigenen Bevölkerung als auch den Völkern des Mittleren Ostens und der weltweiten Öffentlichkeit gegenüber als demokratisch und reformorientiert zu präsentieren. Die „Kurdische Initiative" und die Verfassungsänderungen durch das Referendum vom 12. September sind mit dem Gerede von der Unabhängigkeit der Justiz, der Pressefreiheit und der Abrechnung mit den Putschisten Teil dieser Anstrengungen. Ein Blick auf die Realität in der Türkei zeigt jedoch schnell, dass die Lippenbekenntnisse der AKP nicht zu einer Demokratisierung oder der Zunahme von Rechten und Freiheiten für die Werktätigen und das kurdische Volk geführt haben.
Morde auf offener Straße in Zusammenarbeit von zivilen Faschisten und der Polizei, wie an dem kurdischen Studenten Serzan Kurt, der durch Polizeikugeln in Mugla starb, sind weiterhin auf der Tagesordnung. Zahlreiche Wehrdienstleistende sterben unter unklaren Umständen in den Kasernen, den offiziellen Berichten zufolge „fallen sie unglücklich aus dem Bett" oder schießen sich selber in den Rücken. Diese Vorfälle zeigen mit aller Deutlichkeit, welche Zustände nach wie vor in der Armee herrschen.
In den Gefängnissen gehen die Menschenrechtsverletzungen und die Folter weiter, wie z.B. im Fall von Ender Bulhaz Aktürk, der unter Haft neben zahlreichen Foltermethoden auch dem in Guantanamo angewendeten "Waterboarding" ausgesetzt war. Auch wenn die Todesstrafe offiziell abgeschafft wurde, so läuft der Umgang mit kranken Gefangenen letztendlich auf das gleiche hinaus. Durch Verweigerung von medizinischer Behandlung und der von Ärzten bestätigten notwendigen Freilassung von Todkranken werden die Gefangenen in den Zellen bewusst dem Tod überlassen.
Bezüglich der Pressefreiheit ist zu sagen, dass die Türkei eines der Länder mit den meisten inhaftierten Journalisten ist. Laut einer von Reporter ohne Grenzen vorgelegten Liste über die Pressefreiheit in der Welt 2009 ist die Türkei an Stelle 122 von 175 Ländern und damit im Vergleich zum letzten Jahr um 20 weitere Stellen zurückgefallen. Dem Abgeordneten der BDP Akin Birdal zufolge wurde allein im Jahr 2009 10 Zeitungen 27 Mal verboten, 7 Zeitschriften 15 Mal und die Sendungen eines Fernsehkanals zweimal gestoppt. Die Räumlichkeiten von 16 Presseorganen wurden allein in diesem Jahr durchsucht und der Nachrichtenagentur Firat News zufolge sind über 7000 Internetseiten in der Türkei verboten. Das ist die Realität, die sich hinter den „demokratischen Maßnahmen" der AKP-Regierung verbirgt.
Auch die politische Repression, insbesondere gegen das kurdische Volk wird in der alten Tradition des Leugnens und Vernichtens fortgesetzt. Am 18. Oktober begann in Amed ein offensichtlich politischer Prozess, in dem 152 kurdische Politiker und Menschenrechtsaktivisten angeklagt werden. Es ist das bereits allzu gut bekannte alte Lied: wer sich für die Freiheit und die Rechte des kurdischen Volkes einsetzt wird mit dem Vorwurf des Terrorismus belegt und der Unterstützung/Mitgliedschaft in der PKK beschuldigt. Der so genannte „ KCK Prozess" macht da keine Ausnahme. Aber die Repräsentanten des kurdischen Volkes halten trotz der Ungeheuerlichkeit der Anklagen an ihren gerechtfertigten Forderungen, darunter das Recht auf ihre kurdische Muttersprache fest. Obwohl ihnen dieses Recht vor Gericht offiziell verwehr wird, antworten die 152 Angeklagten, für die insgesamt eine Gefängnisstrafe von weit über 5000 Jahren gefordert wird, auf die Fragen des Gerichts auf Kurdisch. Dieses Beispiel zeigt wieder einmal deutlich, die Mentalität des bürgerlichen türkischen Staates, Kurdisch ist nur im staatlichen kurdischen Fernsehkanal erlaubt, und sonst nirgendwo in der Gesellschaft.
Immer wieder haben das kurdische Volk und seine politischen Vertreter Friedensangebote gemacht, aber die brüderlich ausgestreckte Hand blieb stets in der Luft hängen. So auch als sich am 19. Oktober 2009 dem Aufruf von Abdullah Öcalan folgend eine Friedensgruppe von 34 Leuten aus Kandil und Maxmur auf den Weg machte und in die Türkei kam. Während das kurdische Volk sie zu Hunderttausenden enthusiastisch empfing verhaftete das kolonialistische faschistische Regime die Boten des Friedens, deren Prozess noch immer läuft. Die Forderung der Staatsanwaltschaft nach 15jährigen Haftstrafen ist die Antwort auf das Friedensangebot.
Neben der politischen Unterdrückung geht auch der schmutzige Krieg in Kurdistan weiter. Die HPG veröffentlichten eine Kriegsbilanz für den Oktober 2010: Obwohl die Guerilla einen Waffenstillstand verkündet hatte führte die türkische Armee innerhalb eines Monats 32 Operationen und 30 Angriffen mit schweren Geschützen durch. Seit dem Beginn der Waffenruhe am 13. August bis zum 31. Oktober führte die kolonialistische faschistische Armee der Türkei 82 Bodenoperationen, 128 Angriffe mit schweren Waffen durch und ermordete 29 Guerillakämpfer. Anstatt die demokratischen und nationalen Forderungen des kurdischen Freiheitskampfes ernst zu nehmen werden die Repressionsmaßnahmen verstärkt. Allein in dem Zeitraum vom 13.08-30.09 verhaftete die Polizei mindestens 610 Personen bei Hausdurchsuchungen und dieser Trend geht auch jetzt ungebrochen weiter. Obwohl die PKK den Waffenstillstand bis zu den Wahlen 2011 verlängert hat, wurden nach der Bekanntgabe dieses Beschlusses erneut zahlreiche Dörfer in Nord- und Südkurdistan bombardiert und die Operationen dauern am Boden und aus der Luft an, wobei im Visier auch die Zivilbevölkerung der Dörfer steht.
Dieser kurze Einblick reicht bereits aus, um ein realistisches Bild von den Demokratievorstellungen des bürgerlichen türkischen Staates und seiner AKP-Regierung zu bekommen. Die „Demokratiebestrebungen" der AKP dienen einzig und allein dazu, ihren Machtbereich auszudehnen. Es handelt sich um einen Machtkampf innerhalb der Bourgeoisie, in dem die Völker der Türkei und Kurdistans nichts zu gewinnen haben. Die Beine der Demokratielüge werden immer kürzer und die reale Situation immer offensichtlicher. Die Arbeiterklasse, die Werktätigen, das kurdische Volk und alle Unterdrückten sehen von Tag zu Tag deutlicher das wahre Gesicht der Regimepartei AKP.