Nordafrika, Arabische Halbinsel, der Balkan… Gesellschaftliche Aufstände entflammen
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Der in Tunesien begonnene Volksaufstand setzt sich in Ägypten mit Demonstrationen von Hunderttausenden fort. Die Woge des gesellschaftlichen Aufstandes gewinnt einen regionalen Charakter.

 

Januar - Februar 2011 /Internationales Bulletin / Nr. 101 

Die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Folgen der Weltwirtschaftkrise haben am nördlichen Mittelmeer, in Griechenland und Italien zu massenhaften Demonstrationen und Aufständen geführt. Die Völker am südlichen Mittelmeer, in den Maghreb-Ländern, haben dies durch die Medien und entwickelten Kommunikationsmittel jeden Tag gesehen und in ihrem Leben unter der schweren Last von Arbeitslosigkeit, Armut und politischer Unterdrückung gespürt.
Die offenen und auffälligen ökonomischen, politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Widersprüche zwischen dem Norden des Mittelmeeres und dem anderen Ufer, also dem Süden, haben sich vertieft und Groll hat sich angestaut. Diese Widersprüche spiegeln sich in Form von der Migrationswelle, dem „Zusammenprall der Zivilisationen", radikal islamischen Bewegungen, kolonialistischer Politik, Kapitalanhäufung und hohem Wohlstandsniveau, gesellschaftliche Verarmung sowie Massenarbeitslosigkeit. Die die Aufstände wiederspiegelnden Kommunikationsmittel, der reaktionär-faschistische Charakter der politischen Regime in Tunesien, Ägypten und anderen Ländern oder die Begrenztheit politischer Freiheiten führen mit dazu, dass spontane Bewegungen konfrontativ und heftig ablaufen. In Tunesien, Algerien, dem Jemen, Ägypten, Mauretanien und Albanien haben sich Dutzende Jugendliche und Werktätige selbst verbrannt oder starben in den Auseinandersetzungen.
Der in Tunesien begonnene Volksaufstand setzt sich in Ägypten mit Demonstrationen von Hunderttausenden fort. Die Woge des gesellschaftlichen Aufstandes gewinnt einen regionalen Charakter. In Ägypten sind bei Zusammenstößen bereits 9 Menschen ums Leben gekommen, 870 wurden verletzt und Tausende verhaftet. Die Demonstranten haben den staatlichen Fernsehsender Ägyptens besetzt. Zehntausende setzen ihre Entschlossenheit mit dem Ruf „Das Volk wird das Regime stürzen" fort. Die US-Imperialisten rufen Hosni Mubarak zu Reformen auf. Ägypten und andere reaktionäre Regime arabische Länder sind von Angst vor Volksaufständen ergriffen.
Die Arbeiter, Jugendlichen und unterdrückten Schichten der Gesellschaft, die auf objektiven Klasseninteressen beruhende wirtschaftliche und demokratische Forderungen aufstellen und auf die Straße gehen, treffen auf die Gewalt und die Kugeln der militärischen und militaristischen Kräfte. Dagegen gründet das Volk Komitees und schützt sich durch legitime Selbstverteidigungs- und Angriffsaktionen.
Die grundlegende Eigenschaft der gesellschaftlichen Bewegungen ist, dass sie verschiedene gesellschaftliche Klassen und Schichten umfassen und einen spontanen Charakter haben, die Massen der Arbeiter und Werktätigen unorganisiert und ohne Führung sind. In den betreffenden Ländern gibt es kein politisches Subjekt und Programm, dass den Prozess zu einer revolutionären Veränderung und an die Macht bringen kann. Solche revolutionären und kommunistischen Organisationen mit einer politischen und organisatorischen Strategie sind nicht vorhanden.
Der imperialistische Krieg und die Aggression im Irak und in Afghanistan, die kapitalistischen neoliberalen Angriffe und der Prozess der Weltwirtschaftskrise des Kapitalismus zeigen diesen Mangel und dieses Bedürfnis mit aller aktuellen Dringlichkeit. Weil die revolutionsartigen Situationen, zu denen es im Iran und einigen lateinamerikanischen Ländern kam, nicht mit der Führungskapazität und -Kraft revolutionärer Subjekte zusammengefallen sind haben sie nicht zu einer revolutionären Macht geführt. In so einem Fall werden solche revolutionären Erhebungen entweder von den konterrevolutionären Kräften unterdrückt oder enden an die Mauern des kapitalistischen Systems stoßend mit einer Regierung unter der Führung von systeminhärenten reformistischen Kräften. Das grundlegende Problem der gesellschaftlichen Aufstände in den Maghreb-Ländern besteht ebenfalls hierin. Also entweder das Fehlen des bewussten Elements, des Subjektes oder seine Unzulänglichkeit. Ohne Zweifel bedeuten solche Situationen, dass die in verschiedenen Ländern und Regionen auftretenden revolutionär-geschichtlichen Momente und politischen Möglichkeiten ungenutzt vorübergehen. Die imperialistische Bourgeoise mit ihren politischen und militärischen Einrichtungen betrachtet Begriffe wie Menschenrechte, Freiheiten und Gerechtigkeit als einen Weg zur Unterdrückung von in verschiedenen Kontinenten der Welt aufkommenden gesellschaftlichen und politischen Erhebungen. So verkünden dann auch die US- und EU-Imperialisten angesichts der Aufstände in der Region, „Reformen sollen durchgeführt werden".
Es ist wohl die erste Pflicht der internationalen revolutionären und kommunistischen Gruppierungen und Plattformen, diese Situation nicht nur theoretisch zu analysieren, sondern auch auf internationaler und regionaler Ebene eine Linie politischer Praxis zu entwickeln und die introvertierte ideologische, apolitische Haltung hinter sich zu lassen. In diesem Sinne ist ein weiteres Mal deutlich geworden, dass die Koordination des Antiimperialistischen Kampfes Mittlerer Osten und die Koordination des antiimperialistischen Kampfes auf dem Balkan, an denen auch unsere Partei beteiligt ist, als treffende regionale Plattformen eine wichtige Rolle spielen können. Leider konnten sie sich im politischen Kampf nicht entwickeln und haben diese ernsten Probleme noch immer nicht überwunden.
Auch die kürzlich gegründete ICOR , in der Parteien und Organisationen verschiedener ideologischer Auffassungen vertreten sind, ist eine Plattform, die wichtig für das Eingreifen in die politischen Ereignisse auf der Welt ist. Wir stehen zwei grundlegenden Aufgaben gegenüber: Erstens die aktuellen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen als Thema der Theorie des Sozialismus theoretisch zu analysieren, und zweitens die internationale Koordinierung und Organisierung der revolutionären und kommunistischen Parteien durch unzerreißbare Bande mit dem politischen Kampf verbinden...

 

 

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Der in Tunesien begonnene Volksaufstand setzt sich in Ägypten mit Demonstrationen von Hunderttausenden fort. Die Woge des gesellschaftlichen Aufstandes gewinnt einen regionalen Charakter.

 

Januar - Februar 2011 /Internationales Bulletin / Nr. 101 

Die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Folgen der Weltwirtschaftkrise haben am nördlichen Mittelmeer, in Griechenland und Italien zu massenhaften Demonstrationen und Aufständen geführt. Die Völker am südlichen Mittelmeer, in den Maghreb-Ländern, haben dies durch die Medien und entwickelten Kommunikationsmittel jeden Tag gesehen und in ihrem Leben unter der schweren Last von Arbeitslosigkeit, Armut und politischer Unterdrückung gespürt.
Die offenen und auffälligen ökonomischen, politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Widersprüche zwischen dem Norden des Mittelmeeres und dem anderen Ufer, also dem Süden, haben sich vertieft und Groll hat sich angestaut. Diese Widersprüche spiegeln sich in Form von der Migrationswelle, dem „Zusammenprall der Zivilisationen", radikal islamischen Bewegungen, kolonialistischer Politik, Kapitalanhäufung und hohem Wohlstandsniveau, gesellschaftliche Verarmung sowie Massenarbeitslosigkeit. Die die Aufstände wiederspiegelnden Kommunikationsmittel, der reaktionär-faschistische Charakter der politischen Regime in Tunesien, Ägypten und anderen Ländern oder die Begrenztheit politischer Freiheiten führen mit dazu, dass spontane Bewegungen konfrontativ und heftig ablaufen. In Tunesien, Algerien, dem Jemen, Ägypten, Mauretanien und Albanien haben sich Dutzende Jugendliche und Werktätige selbst verbrannt oder starben in den Auseinandersetzungen.
Der in Tunesien begonnene Volksaufstand setzt sich in Ägypten mit Demonstrationen von Hunderttausenden fort. Die Woge des gesellschaftlichen Aufstandes gewinnt einen regionalen Charakter. In Ägypten sind bei Zusammenstößen bereits 9 Menschen ums Leben gekommen, 870 wurden verletzt und Tausende verhaftet. Die Demonstranten haben den staatlichen Fernsehsender Ägyptens besetzt. Zehntausende setzen ihre Entschlossenheit mit dem Ruf „Das Volk wird das Regime stürzen" fort. Die US-Imperialisten rufen Hosni Mubarak zu Reformen auf. Ägypten und andere reaktionäre Regime arabische Länder sind von Angst vor Volksaufständen ergriffen.
Die Arbeiter, Jugendlichen und unterdrückten Schichten der Gesellschaft, die auf objektiven Klasseninteressen beruhende wirtschaftliche und demokratische Forderungen aufstellen und auf die Straße gehen, treffen auf die Gewalt und die Kugeln der militärischen und militaristischen Kräfte. Dagegen gründet das Volk Komitees und schützt sich durch legitime Selbstverteidigungs- und Angriffsaktionen.
Die grundlegende Eigenschaft der gesellschaftlichen Bewegungen ist, dass sie verschiedene gesellschaftliche Klassen und Schichten umfassen und einen spontanen Charakter haben, die Massen der Arbeiter und Werktätigen unorganisiert und ohne Führung sind. In den betreffenden Ländern gibt es kein politisches Subjekt und Programm, dass den Prozess zu einer revolutionären Veränderung und an die Macht bringen kann. Solche revolutionären und kommunistischen Organisationen mit einer politischen und organisatorischen Strategie sind nicht vorhanden.
Der imperialistische Krieg und die Aggression im Irak und in Afghanistan, die kapitalistischen neoliberalen Angriffe und der Prozess der Weltwirtschaftskrise des Kapitalismus zeigen diesen Mangel und dieses Bedürfnis mit aller aktuellen Dringlichkeit. Weil die revolutionsartigen Situationen, zu denen es im Iran und einigen lateinamerikanischen Ländern kam, nicht mit der Führungskapazität und -Kraft revolutionärer Subjekte zusammengefallen sind haben sie nicht zu einer revolutionären Macht geführt. In so einem Fall werden solche revolutionären Erhebungen entweder von den konterrevolutionären Kräften unterdrückt oder enden an die Mauern des kapitalistischen Systems stoßend mit einer Regierung unter der Führung von systeminhärenten reformistischen Kräften. Das grundlegende Problem der gesellschaftlichen Aufstände in den Maghreb-Ländern besteht ebenfalls hierin. Also entweder das Fehlen des bewussten Elements, des Subjektes oder seine Unzulänglichkeit. Ohne Zweifel bedeuten solche Situationen, dass die in verschiedenen Ländern und Regionen auftretenden revolutionär-geschichtlichen Momente und politischen Möglichkeiten ungenutzt vorübergehen. Die imperialistische Bourgeoise mit ihren politischen und militärischen Einrichtungen betrachtet Begriffe wie Menschenrechte, Freiheiten und Gerechtigkeit als einen Weg zur Unterdrückung von in verschiedenen Kontinenten der Welt aufkommenden gesellschaftlichen und politischen Erhebungen. So verkünden dann auch die US- und EU-Imperialisten angesichts der Aufstände in der Region, „Reformen sollen durchgeführt werden".
Es ist wohl die erste Pflicht der internationalen revolutionären und kommunistischen Gruppierungen und Plattformen, diese Situation nicht nur theoretisch zu analysieren, sondern auch auf internationaler und regionaler Ebene eine Linie politischer Praxis zu entwickeln und die introvertierte ideologische, apolitische Haltung hinter sich zu lassen. In diesem Sinne ist ein weiteres Mal deutlich geworden, dass die Koordination des Antiimperialistischen Kampfes Mittlerer Osten und die Koordination des antiimperialistischen Kampfes auf dem Balkan, an denen auch unsere Partei beteiligt ist, als treffende regionale Plattformen eine wichtige Rolle spielen können. Leider konnten sie sich im politischen Kampf nicht entwickeln und haben diese ernsten Probleme noch immer nicht überwunden.
Auch die kürzlich gegründete ICOR , in der Parteien und Organisationen verschiedener ideologischer Auffassungen vertreten sind, ist eine Plattform, die wichtig für das Eingreifen in die politischen Ereignisse auf der Welt ist. Wir stehen zwei grundlegenden Aufgaben gegenüber: Erstens die aktuellen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen als Thema der Theorie des Sozialismus theoretisch zu analysieren, und zweitens die internationale Koordinierung und Organisierung der revolutionären und kommunistischen Parteien durch unzerreißbare Bande mit dem politischen Kampf verbinden...