Der größte Schwachpunkt der Widerstände ist, dass diese im Grunde nicht in Verbindung zueinander stehen und einzeln stattfinden ohne Koordinierung. Der Hauptgrund dafür liegt darin, dass die vorhandenen Gewerkschaften mit dem System arbeiten, klassenversöhnerisch und Gelbe Gewerkschaften sind und daher ihre eigentlichen Aufgaben nicht erfüllen. In diesem Sinne die Arbeiterklasse bedarf es einer Gewerkschaft, die die Klasse vertritt und in der sich die Arbeiterklasse organisiert. 01 Juni 2011 /Internationales Bulletin / Nr. 105
Zahlreiche Arbeitskämpfe und Widerstände in der Türkei und Nordkurdistan fanden auch im vergangenen Monat ihren Höhepunkt. Einige dieser lebendigen und bewegenden Aktionen, die ein starkes Potential und Dynamik innehatten, sind die folgenden: • Die Arbeiter der Bekaert Fabrik in Kocaeli besetzten die Fabrik am 4. Mai und fingen mit einem Widerstand an. Ihre Forderung war, die 9 Arbeiter, die zuvor an den Aktionen im Metallsektor teilgenommen hatten und dafür rausgeschmissen worden waren, wieder einzustellen. Der 14tägige Widerstand von insgesamt 400 Arbeitern wurde mit Erfolg beendet. Am 17. Mai wurde in Verhandlungen mit dem Arbeitgeber beschlossen, drei der Rausgeschmissenen wieder einzustellen und die restlichen fünf erhielten zusätzlich zu dem Entschädigungsabfindung 45.000 TL. • Die Eisenbahnarbeiter starteten am 10. Mai einen zentralen Marsch aus sechs verschiedenen Städten (Edirne, Samsun, Izmir, Kars, Diyarbakir und Antep) nach Ankara. Die Forderung der Arbeiter, organisiert in der BTS (Gewerkschaft der Arbeiter der Vereinigten Beförderung) war, ein Ende der Ungerechtigkeiten innerhalb des Unternehmens Türkische Bahn. Am 16. Mai trafen sich die Arbeiter in Ankara zu einer Sitzaktion. Die meisten ihrer 33 Forderungen wurden akzeptiert und die Aktion wurde am 17. Mai beendet. • Die Arbeiter der Gewerkschaft Enerji-Sen entschieden, jeden Freitag eine Sitzaktion vor dem BEDAS-Gebäude im Istanbuler Stadtteil Taksim gegen Leiharbeit durchzuführen. • Die 120 Arbeiter der Mas-Daf, das in dem Industriegebiet Nr. 1 in Düzce- Beyköy liegt, führen seit über einem Monat einen Widerstand vor der Fabrik und vor der Zentrale der Mas-Daf im Istanbuler Stadtteil Atasehir durch. Weil sie Mitglieder der Gewerkschaft Birlesik Metal-is geworden sind, wurden die Arbeiter entlassen und fordern, wieder eingestellt zu werden. 20 Arbeiter starteten am 10. Mai einen Marsch von Düzce bis nach Istanbul, den sie im Namen aller Arbeiter durchführten und der 10 Tage lang dauern sollte. Die Arbeiter versammelten sich am 19. Mai vor der Istanbuler Zentrale der Birlesik Metal-Is und am 20. Mai vor der Zentrale der MAS-DAF in Atasehir. • In Izmir wurde die Leiharbeiterin Batigül Tunc, die in dem von der CHP geleiteten Rathaus in Buca arbeitete, entlassen, weil sie Mitglied der Gewerkschaft war. Sie startete einen Widerstand in Izmir, den sie in Ankara fortsetzte, wo sie vor der Zentrale der CHP eine Sitzaktion durchführen wollte. Doch Tunc und fortschrittliche und revolutionäre Personen, die sie unterstützen wollten, wurden von der Polizei angegriffen. 15 Personen und Tunc wurden festgenommen, eine Person wurde verhaftet. • Der am 16. Mai von den Assistentsärzten in der Medizinischen Fakultät des Krankenhauses Balcali der Universität Cukurova begonnene Streik wurde von der SES und der Devrimci Sağlık Is (Revolutionäre Gesundheit-Arbeit) sowie der Ärztekammer Adana unterstützt. Am 24. Mai gab die Krankenhausleitung bekannt, die Arbeitsbedingungen zu verbessern und eine Reihe von Forderungen bezüglich der Verbesserung der Arbeitsverträge zu akzeptieren. Die Aktion wurde somit mit Erfolg beendet. • Die Arbeiter der Computerfirma Casper im İstanbuler Stadtteil Ümraniye blockierten am 10. Mai, dem 78. Tag ihres Widerstandes, die Autobahn TEM und trugen dabei Transparente, auf denen "Wir sind Gewerkschaftsmitglieder geworden und deshalb entlassen worden" und "Wir wollen unsere Arbeit zurück" und riefen Slogans. Auf die Entlassung von 10 Arbeitern aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der Gewerkschaft reagierten 200 Arbeiter mit Widerstand. • Die Leiharbeiter der Post, deren Verträge nicht verlängert und die deshalb arbeitslos wurden, und die Onteks-Arbeiter, die aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der Gewerkschaft entlassen wurden, blockierten am 13. Mai den Verkehr auf der Bosporus-Brücke und setzten ihren Protest fort. Die Postarbeiter, die Anfang Januar entlassen wurden, starteten einen Widerstand mit einem Protestzelt vor der Zentrale der Post auf der asiatischen Seite Istanbuls. Die am 17. Februar entlassenen Ontex-Arbeiter setzten ihren Protest vor der Fabrik fort, in dem sie dort ein Zelt für sich aufbauten, und führen jeden Samstag eine Aktion in Taksim durch. • Auch die diesjährigen 1. Mai-Aktionen, die in vielen Städten mit großer Beteiligung und Enthusiasmus stattfanden, müssen hier erwähnt werden, da zum ersten Mal nicht die Gewerkschaftsbürokraten sondern die Widerstand leistenden Arbeiter auf der Bühne standen. Zweifelsohne spiegeln diese Aktionen und Widerstände den Wunsch der Arbeiterklasse nach Kampf gegen die Tatsache wider, dass das Kapital die Arbeiter und Werktätigen für die Krise zahlen lässt. Die Widerstände bedürfen Unterschiede in Bezug auf die Städte und Provinzen, in denen sie stattfinden, Aktionsformen, Teilnehmerzahl, Dauer, Branche etc. Viele verschiedene Aktionsformen werden angewandt: von Straßenblockaden bis zu Besetzungen von Arbeitsplätzen, von Streiks zu Langen Märschen zwischen verschiedenen Städten. Die Widerstände dauern an und finden verstärkt in der Region von Gebze-Kocaeli statt, von Metropolen wie Istanbul und Izmir bis hin zu Kleinstädten und vielen anderen Orten. In vielen Branchen, vom Metallsektor zum Eisenbahnsektor, von der Bekleidungsindustrie bis hin zur Postverwaltung, finden viele Aktionen statt. Es gibt auch eine ganze Reihe von Widerständen, die klein sind, wie z.B. der Widerstand von Batigül Tunc, die im Rathaus von Buca in Izmir arbeitete, aber auch Widerstände mit 400 Arbeitern der Firma Bekaert, die ihren Arbeitsplatz besetzten. Viele dieser Widerstände dauern Monate an. Sie werden sehr entschlossen geführt und sind ein Vorbild für die anderen Arbeitsplätze, denen sie Mut verleihen. Bei vielen der Widerstände geht es sowohl um Forderungen wie die Wiederaufnahme des Arbeitsverhältnisses von Arbeitern, die aufgrund der Mitgliedschaft in der Gewerkschaft entlassen worden waren, als auch um die Probleme der Arbeitssicherheit und Arbeitsbedingungen aufgrund der Leiharbeit. Daher kann gesagt werden, dass sich die Bewegung als ganzes gegen die neoliberalen Angriffe entwickelt hat, deren Konsequenzen als Lohnarbeit, flexibles Arbeiten und das Verhindern der Organisierung in der Gewerkschaft zusammengefasst werden können. Diese Widerstände, deren politischer Charakter und die Linie entweder sehr schwach oder gar nicht vorhanden sind, spielen besonders eine Rolle in der Politisierung der Arbeiter, wenn sie langandauernd sind. Ein anderes wichtiges Element ist die Tatsache, dass viele der Widerstand leistenden Arbeiter aus den Reihen der jungen Arbeitergeneration stammen. Diese jungen Arbeiter haben oft wenig Erfahrung und somit einen Nachteil, ihr Vorteil ist jedoch, dass sie nach dem Militärputsch 1980 geboren wurden und somit nicht zu der Arbeitergeneration gehören, die sich psychisch als Verlierer sehen. Der größte Schwachpunkt der Widerstände ist, dass diese im Grunde nicht in Verbindung zueinander stehen und einzeln stattfinden ohne Koordinierung. Der Hauptgrund dafür liegt darin, dass die vorhandenen Gewerkschaften mit dem System arbeiten, klassenversöhnerisch und Gelbe Gewerkschaften sind und daher ihre eigentlichen Aufgaben nicht erfüllen. In diesem Sinne die Arbeiterklasse bedarf es einer Gewerkschaft, die die Klasse vertritt und in der sich die Arbeiterklasse organisiert.
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