An die Arbeiterklasse der Türkei und Kurdistans, an die Werktätigen und Unterdrückten!
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 04. April 2013 /Zentralkomitee

 

 

Nationale Freiheit der kurdischen Nation, deren nationale Existenz geleugnet und die unter kolonialem Joch gehalten wird, oder das Recht auf absolute Gleichheit der Rechte mit der türkischen Nation ist unverzichtbar. Für dieses Ziel ist jeder Kampf, mit und ohne Waffen, friedlich oder auf die Gewalt der Massen gestützt, legal oder illegal gerechtfertigt und legitim.
Unsere Partei kämpft für die Lösung einer Union der Volksrepubliken der Arbeiter und Werktätigen auf der Grundlage nationaler Gleichheit der beiden Völker; für sie ist die Verbindung der nationalen mit der sozialen Befreiung in Kurdistan wesentlich. Solch eine Lösung kann nur mit dem Sturz der leugnerischen kolonialistischen faschistischen Diktatur über den Weg der vereinigten Revolution erreicht werden.
Unser kurdisches Volk wird aber nicht nur unter dem kolonialen Joch gehalten, gleichzeitig wird es auch verleugnet. So führt die PKK, die den nationalen Kampf des kurdischen Volkes heute anführt, ja auch einen Kampf mit dem Programm der Beendigung der Leugnung und der Begrenzung der Kolonialisierung in politischer Hinsicht. Obwohl unsere Partei der Ansicht ist, dass dieses Programm nicht die nationale Befreiung oder vollkommene rechtliche Gleichheit herbeiführen wird, unterstützt sie diesen Kampf und diese Forderungen.
Mit den seit den letzten Monaten auf der Insel Imrali geführten Gesprächen zwischen dem Staat und der PKK ist, den andauernden Kampf eingeschlossen, eine neue Situation und neue Bedingungen entstanden. Unsere Partei betrachtet es als Notwendigkeit ihrer revolutionären Verantwortung, ihre Gedanken zu diesem Thema mitzuteilen.
1.) Als Folge der Regierungskrise, die - ohne auf die Zeit davor einzugehen - sich durch den sich seit Sommer 2004 zunehmend entwickelnden Guerillakampf und die nationale Massenbewegung verstärkt hat, haben der verleugnende Kolonialismus und die AKP Regierung im Rahmen des Planes, im Gegenzug für die offizielle Anerkennung individueller kultureller Rechte ein Ende des Guerillakampfes zu erreichen, eine „Öffnung" verkündet. Der Prozess wurde vom verleugnenden Kolonialismus und der AKP Regierung bis zu den Gesprächen von Oslo fortgeführt. Als sowohl die Hinhaltepolitik, bei der Versprechungen bezüglich der nationalen demokratischen Forderungen gemacht wurden, als auch die Politik zu erreichen, dass die Guerilla nach Südkurdistan geht entlarvt und abgelehnt wurde, griff man auf Gefängnis, Vernichtung und die Verschärfung der Isolation in Imrali zurück. Die Luft- und Bodenangriffe wurden intensiviert, Massenverhaftungen nahmen rasant zu, man ging zu dem Plan über, unter den kurdischen Volksmassen Angst und Entmutigung zu schüren und zu versuchen in den Reihen von PKK und BDP Spaltungen zu erzeugen sowie Attentate auf führende Kader zu verüben.
2.) Das Jahr 2012 begann unter diesen Bedingungen und wurde zu einem historischen Wendepunkt.
2012 hob die Guerilla den Kampf mit beherzten Plänen, die Siegesentschlossenheit, Mut und militärische Technik verbanden, auf eine neue Stufe. Sie brachte dem verleugnenden Kolonialismus eine nicht zu verbergende Niederlage bei, die in Semdinli beispielhaft wurde. Sie erlangte einen großen moralischen, militärischen und politischen Erfolg. In den Reihen des türkischen Volkes verbreitete sich der Gedanke und das Gefühl, dass der nationale kurdische Kampf und die PKK auf militärischem Wege nicht zu zerschlagen sind.
Obwohl Tausende von Aktivisten und Kadern inhaftiert wurden, erlebte die nationale Massenbewegung eine Phase starker Belebung und Entschlossenheit. Newroz wurde zum Volksaufstand (Serhildan). Jede Aktion anlässlich eines Begräbnisses von Gefallenen wurde zu einem Aufstand. Die breite und starke Unterstützung des Hungerstreiks der kurdisch-patriotischen Gefangenen drängte die Diktatur in die Ecke.
Im gleichen Jahr entflammte der Brand der nationalen Revolution in dem unter dem kolonialen Joch Syriens gehaltenen Südwestkurdistan. Faktisch wurde ein Autonomiestatus erreicht. Diese, einen unglaublichen moralischen Einfluss und Glaube an den Sieg hervorrufende Entwicklung, schuf bedeutende militärische und logistische Möglichkeiten für den Kampf in Nordkurdistan. Die Syrienpolitik der AKP geriet dadurch in eine noch größere Sackgasse. All dies zwang die AKP auf Staatsbeschluss nach Imrali zu gehen, mit Öcalan zu sprechen und auf der Grundlage nationaler demokratischer Forderungen Verhandlungen zu führen. Dies ist ein Erfolg der PKK und des von ihr angeführten nationalen demokratischen Kampfes.
3.) Die Imrali Gespräche und das eine BDP Delegation nach Imrali ging und sich an dem Prozess beteiligt, hat in Bezug darauf, dass der verleugnende Kolonialismus die PKK vor dem türkischen Volk offen als Ansprechpartner anerkennt, eine besondere Bedeutung. Diese Situation hat zu Rissen in der chauvinistischen Koalition geführt.
4.) Die Imrali Gespräche bedeuten auch für beide Seiten, den Kampf mit neuen Mitteln und Formen fortzusetzen. Der verleugnende Kolonialismus und die AKP Regierung, die gezwungenermaßen am Verhandlungstisch sitzen, verfolgen das Ziel, die Lage ins Gegenteil zu verkehren, die nationalen demokratischen Forderungen ihres Inhaltes zu berauben oder auf den engst möglichsten Rahmen zu beschränken. Gleichzeitig wird über den Weg der faschistischen psychologischen Kriegsführung versucht, den von der PKK geführten Kampf in schlechten Ruf zu bringen und so eine moralische Überlegenheit zu erlangen.
Die PKK hingegen verfolgt das Ziel, aus dem Prozess mit der Erreichung der nationalen demokratischen Forderungen herauszugehen, die für sie Priorität haben, die Verleugnung zu beenden und den Kolonialismus politisch zu begrenzen.
5.) Der verleugnende Kolonialismus und die AKP hegen den Traum, durch die Befreiung aus der Umzingelung durch die nationale kurdische Massenbewegung und den Guerillakrieg in diesem Prozess ihre expansionistischen Pläne für die Region umzusetzen und die unabhängige Haltung der PKK in Rojava, die diese in Form einer 3. Front gegenüber dem reaktionären Assad-Regime und der mit der NATO kollaborierenden Freien Syrischen Armee fortsetzt zu Fall zu bringen.
6.) In Oslo hat die AKP versucht, ohne auch nur konkrete Versprechungen zu machen, die über die offizielle Anerkennung individueller kultureller Rechte hinausgehen zu erreichen, dass die Guerilla sich aus Nordkurdistan zurückzieht. Heute dagegen versucht sie durch das Versprechen die nationalen demokratischen Rechte anzuerkennen das gleiche Resultat zu erzielen.
Solange die faschistische Verfassung und die Gesetze, die faschistischen Institutionen und Kader unverändert an ihrem Platz sind, keine Veränderung gestützt auf die Anerkennung der nationalen demokratischen kurdischen Rechte eingeschlagen wurde, stellt der Rückzug der Guerilla aus Nordkurdistan auf der Grundlage von Versprechungen sowohl für die nationale demokratische Bewegung als auch allgemein für die demokratische Bewegung der Arbeiter und Unterdrückten ein sehr ernstes Risiko dar.
7.) Für die MLKP ist es offensichtlich, dass die PKK sich ihrer Situation, oder anders ausgedrückt dem Risiko, welches sie eingeht, bewusst ist. Die Gefahren, die dieses Risiko beinhaltet sind bedeutend und dürfen auf keinen Fall unterschätzt werden. Unsere Partei betrachtet es als ihre revolutionäre Verantwortung daran zu erinnern, dass aufgrund des Interesses des verleugnenden Kolonialismus daran, am Verhandlungstisch den Sieg davonzutragen, die Möglichkeit, dass der Prozess sich zu einem noch größeren Krieg entwickeln kann, wachsam beobachtet werden sollte und es nötig ist, alle Schritte auf dieser Basis zu unternehmen.
8.) Es hat den Anschein, dass die nationale demokratische Bewegung, die das Banner eines gerechten, würdigen und demokratischen Friedens gegen den Sklavenfrieden des leugnerischen Kolonialismus hochhält, ihr Ziel der „demokratischen Autonomie", die den Kolonialismus politisch beschränkt, zurückziehen wird und es stattdessen fürs Erste als ausreichend betrachtet, wenn die Befugnisse der lokalen Verwaltungen erweitert werden.
Unter den Bedingungen der Beendigung der Verleugnung, anders ausgedrückt mit der offiziellen (verfassungsrechtlichen und rechtlichen) Anerkennung der Existenz der kurdischen Nation und dem Recht auf Bildung in der Muttersprache ist dieser Kompromiss in gewissem Maße verständlich. Anderenfalls würde es nichts anderes bedeuten als am Verhandlungstisch zu verlieren, was in den Bergen und in den Städten errungen wurde.
9.) Unter den Bedingungen, dass die PKK die bekannten Risiken eingegangen ist, gilt es die leugnerische kolonialistische faschistische Diktatur zu umzingeln, den vereinigten Kampf unserer Völker zu verstärken, den Plan des Staates und der Regierung, den Prozess zu dominieren zunichte zu machen und Bedingungen zu schaffen, unter denen die nationalen demokratischen kurdischen Forderungen, die demokratischen allevitischen Forderungen, die demokratischen Forderungen nationaler Minderheiten sowie die grundlegenden demokratischen Forderungen der Arbeiter, Werktätigen, Frauen und Jugendlichen erreicht werden können. Es ist ganz klar, dass die Anerkennung der nationalen Identität des kurdischen Volkes, des Rechtes auf Bildung in der Muttersprache und der damit verbundenen demokratischen Forderungen nicht losgelöst von den grundlegenden demokratischen Rechten der Arbeiter und Unterdrückten erreicht werden können.
Unsere Partei wird diese Aufgabe in ihrer revolutionären Tätigkeit sorgfältig berücksichtigen und das Erforderliche tun.

MLKP Zentralkomitee

4. April 2013