01 März 2014 / Internationales Bulletin / Nr. 137
„Das geopolitische Spiel“ in der Ukraine wird neu formiert. Nach der Auflösung des revisionistischen Blocks und der sozialimperialistischen Sowjetunion wurden die Fragen wie „wo soll die östliche Grenze der EU enden“, „wie weit soll sich der westliche Einfluss erstrecken“, „wo soll der Einflussbereich Russlands im Westen enden“ öfter gestellt. „Das geopolitische Spiel“, das in diesen Fragen versteckt und auf die Ukraine fokussiert ist, wird zwischen den imperialistischen Mächten und Blöcken heute weiter gespielt, wo man damals aufhörte. Scheinbar stehen zwei imperialistische Blöcke gegeneinander: Auf einer Seite ist Russland (und China), auf der anderen Seite die EU und die USA. Gegen Russland handeln die EU und die USA gemeinsam. Aber in Wahrheit kämpfen auch sie für unterschiedliche geopolitische Ziele. Das Ziel der EU besteht darin, die Ukraine an die EU zu binden und ihren auf die Ökonomie fokussierten Einflussbereich ein bisschen weiter nach Osten auszudehnen. Das Interesse der USA besteht aber nicht darin, die Ukraine an die EU zu binden und den Einflussbereich der EU weiter nach Osten ausdehnen zu lassen. Die USA haben das Ziel, die Ukraine von Russland zu trennen. Der amerikanische Imperialismus kennt ganz genau den Unterschied zwischen den Fähigkeiten von einem Russland mit der Ukraine und einem Russland ohne die Ukraine. Man darf nicht vergessen, dass der amerikanische Imperialismus für seine Weltherrschaft immer noch nach der „Eurasien-Geopolitik“ handelt. Wie wichtig die Ukraine für Eurasien und Weltherrschaft ist, erklärt Z. Brzezinski, der einer der wichtigsten Strategen des amerikanischen Imperialismus ist, 1997 folgendermaßen: „Die Ukraine, ein neuer und wichtiger Raum auf dem eurasischen Schachbrett, ist ein geopolitischer Dreh- und Angelpunkt... Ohne die Ukraine ist Russland kein eurasisches Reich mehr. ...Wenn Moskau allerdings die Herrschaft über die Ukraine... mit bedeutenden Bodenschätzen und dem Zugang zum Schwarzen Meer wiedergewinnen sollte, erlangte Russland automatisch die Mittel, ein mächtiges Europa und Asien umspannendes Reich zu werden“ (Zbigniew Brzezinski: „Die einzige Weltmacht: Amerikas Strategie der Vorherrschaft“, Berlin 1997, s. 74/75). An diesen Ansichten der USA und Russlands hat sich nichts geändert. Nach der Auflösung des revisionistischen Blocks und der Sowjetunion wurde das „Machtvakuum“ durch die EU und die USA gefüllt; durch die „bunten Revolutionen“ wurden die Osterweiterung der EU und gleichzeitig die NATO-Mitgliedschaft dieser Länder verwirklicht. Währen die Frage in Georgien durch die sich auf den Westen stützenden Kräfte gelöst wurde, ist Viktor Juschtschenko, der pro-westlich war, durch eine „orange Revolution“ an die Macht gekommen. Die Juschtschenko-Regierung, an der auch die jetzt aus dem Gefängnis entlassene J. Timoschenko zeitweilig beteiligt war, war nicht fähig, die Forderungen des Westens zu erfüllen und so wurde die Macht 2010 W. Janukowitsch überlassen, der pro-Russland ist. Auf diese Weise hat Russland seinen verlorenen Einfluss über die Ukraine wiedergewonnen. Aber die westlichen Kräfte haben auf die Ukraine nicht verzichtet. Faschisten eingeschlossen, organisierten sie jegliche Russland-Gegner, unterstützten sie offen, provozierten Straßenschlachten; auf diese Weise wollten sie die Ukraine neu an sich binden. Sie waren sogar erfolgreich. Dutzende Menschen wurde bei den Straßenschlachten ermordet. Nach dem Abkommen zwischen den USA, der EU und Russland sollten vorgezogene Wahlen stattfinden. Aber durch die weitergeführten Kämpfe ist die Janukowitsch-Regierung gestürzt worden. Auf diese Weise haben die westlichen Kräfte gewonnen und die pro-russischen Kräfte verloren. Das westliche Kapital hat die Ukraine übernommen. Dem gegenüber hat Russland mit dem Vorhaben, die Halbinsel Krim zu besetzen, gezeigt, wie lange es schweigen würde. Nach dem Machtwechsel haben die westlichen Kräfte ihre Unterstützung offen proklamiert und Russland hat die finanzielle Unterstützung der Ukraine sofort annulliert. Der amerikanische Imperialismus und seine europäische Verbündeten werden den Machtwechsel in der Ukraine auch für andere Zwecke benutzen; sie werden versuchen in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion, welche bis jetzt außerhalb ihres Einflussbereichs waren, eine Destabilisierung zu provozieren. Die Ukraine ist für sie zu einer Gelegenheit geworden. An dem Machtwechsel in der Ukraine gibt es nichts fortschrittliches. Zwischen den Flügeln der ukrainischen Bourgeoisie wurde ein reaktionäre Machtkampf geführt; die westlichen Kräfte haben diesen Kampf gewonnen, während pro-russische Kräfte verloren haben. Es ist offenkundig, dass es bei den Entwicklungen in der Ukraine weder um innenpolitische Fragen, um Demokratie und Freiheit, noch um den Kampf gegen die Korruption geht. Ohne Zweifel haben jedoch die Menschen für diese Ziele an den Demonstrationen und Protesten teilgenommen. Aber der eigentliche Hintergrund der Kämpfe ist das geopolitische Herrschaftsproblem, dass seit der Auflösung der Sowjetunion wegen des unveränderten Kräfteverhältnisses nicht gelöst werden konnte. Dies ist der „Hundekampf“ zwischen den imperialistischen Kräften (Insbesondere zwischen den USA und Russland). Die Kämpfe zwischen der Regierung und der Opposition in der letzten Zeit haben gezeigt, dass die beiden imperialistischen Blöcke ein Endergebnis erreichen wollten; sowohl die USA, als auch Russland hatten ihren Druck erhöht, um den Machtkampf für sich zu gewinnen. Die abgesetzte ukrainische Regierung hatte im letzten Jahr wegen der Embargodrohung Russlands das Assoziierungsabkommen mit der EU nicht unterzeichnet. Russland will die Ukraine nicht teilweise, sondern ganz in seinem Kerneinflussbereich halten und zu einem direkten Teil seines Hegemoniekampfes in Eurasien machen. Demgegenüber soll die Ukraine nach dem Willen der EU und der USA von dem Westen abhängig gemacht werden und über diese Abhängigkeitsbeziehungen soll sie besonders für die „Eurasien-Geopolitik“ der USA einer ihrer Stützpunkte sein. Da der dahinter steckende Plan geopolitisch ist und der Streit zwischen den Beteiligten, nämlich den pro-russischen und pro-westlichen Teilen, ein Streit der ukrainischen Großbourgeoisie ist, kann er nicht fortschrittlich sein. Wir können auch folgendes sagen: Der Konflikt oder der Machtwechsel in der Ukraine zeigt den Verschärfungsgrad zwischen den imperialistischen Widersprüchen, konkret den Widersprüchen zwischen den USA und der EU einerseits und Russland andererseits. Die gleiche Machtstruktur sehen wir auch in Syrien; einerseits stehen hier Russland und das reaktionäre Assad-Regime und andererseits die USA und reaktionäre Oppositionskräfte gegeneinander. Die Völker Syriens haben kein Interesse an diesem reaktionären Bürgerkrieg und das ukrainische Volk und die Minderheiten haben kein Interesse an diesem Machtwechsel. Beide Flügel der Bourgeoisie haben versucht, die Massen für ihr Interessen und für die Interessen der beiden Blöcke zu benutzen. Aber die Menschen, die an diesen Protesten beteiligt waren, waren bei dem „Hundekampf“ um die Macht nicht beteiligt. Der eigentliche Grund, warum sie an diesen Protesten beteiligt waren, ist der, dass sie zeigen wollten, dass sie mit den Lebensbedienungen, mit der praktizierten Politik unzufrieden waren, und dass sie die Angriffe auf ihre demokratischen Rechte und Freiheiten nicht akzeptieren. So wie in Rojava oder überall wo reaktionäre Bürgerkriege geführt werden, werden auch in der Ukraine Kräfte für Demokratie und Freiheit einen dritten Weg finden; wobei sie mit jeglichen imperialistischen Einmischung Schluss machen und ihre einheimischen Kollaborateure besiegen werden. Für wirkliche Demokratie und Freiheit kann nur auf diesem Weg gekämpft werden. Unsere Solidarität und Unterstützung gilt der ukrainischen Arbeiterklasse und den werktätigen Massen.
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